25 Jahre F.K.K. im Hütten-Casino

20.01.2023 Niklas Regenbrecht

Einband der Festschrift 25 Jahre F.K.K. im Hütten-Casino.

Niklas Regenbrecht

Im September des Jahres 1933 war es soweit: der F.K.K. konnte sein 25-jähriges Bestehen feiern. Grund genug für den amtierenden Vorstand eine Festschrift herauszugeben. Die Abkürzung F.K.K. stand hier für den „Freitags-Kegel-Klub“. Dabei handelte es sich um eine Art Betriebssportverein von Angestellten eines Stahlwerkes aus Hörde (seit 1928 ein Stadtteil von Dortmund). Die Festschrift, die im Gewand einer satirischen Bierzeitung daherkommt, gibt Einblicke in die Vereinsgeselligkeit der Zwischenkriegszeit.

Kegelvereine sind so alt wie das Vereinswesen selbst. Mit der Ausbreitung der bürgerlichen Vereinskultur im Laufe des 19. Jahrhunderts gründeten sich auch spezialisierte Kegelvereine. Die Etablierung entsprechender Dachverbände und eine zunehmende Regulierung des Kegelsportes setzten gegen Ende des 19. Jahrhunderts ein. Das Kegeln an sich ist hingegen bedeutend älter. Formen von Kegelspielen finden sich bereits in Antike und Mittelalter. Hier wie auch während der Frühen Neuzeit handelte es sich vornehmlich um eine Aktivität im Freien, typischerweise ausgeübt auf Jahrmärkten und Volksfesten.

Dem humorigen Teil der 33-seitigen Festzeitung ist ein historischer Rückblick, mithin so etwas wie eine Vereinsgeschichte vorangestellt. Bereits im Jahr 1899 war demnach der Bau der „langersehnten Kegelbahn“ im Hörder Hüttencasino vollendet (Casino hier im Sinne eines Gesellschaftsraumes der Betriebsangehörigen). Zunächst kegelten hier die jeweils anwesenden Besucher, jedoch ohne „feste Vereinssatzungen oder bestimmte Vereinsregeln.“ Das habe sich erst durch die Gründung des S.M.-Kegelklubs (Benennung nach den Kegeltagen Sonnabend und Mittwoch) geändert. Schließlich wurde am 10. September 1908 der Freitags-Kegel-Klub gegründet.

Für eine gewisse Exklusivität sorgte, dass nur kaufmännische Angestellte aus den Phönix-Werken bzw. später den Vereinigten Stahlwerken Aufnahme in den Verein fanden. Wer hier nicht beschäftigt war, wurde gesondert als außerordentliches Mitglied geführt. Als Besonderheit wurde weiterhin eigens aufgeführt, man habe es sich „seit einigen Jahren […] angelegen sein lassen, auch den Damen unserer Mitglieder Gelegenheit zum Kegeln zu geben.“ Das war jedoch auf einmal im Monat beschränkt.

Die Festschrift enthält die für eine Vereinsgeschichte üblichen Elemente: Listen von Gründungs- und Vorstandsmitgliedern, Verstorbenen, Ämterverteilungen, Auflistungen von weiteren Mitgliedern oder Gewinnern des Preiskegelns. Daneben finden sich auch Bemerkungen über den Einfluss des Weltgeschehens auf das Vereinsleben:

„Der Weltkrieg 1914-1918 und die darauf folgende Inflations- und Notzeit vermochten es nicht, das Leben innerhalb des Freitags-Kegelklubs wesentlich zu beeinflussen.“

Größere Bedeutung maßen die Verfasser demgegenüber der französischen Ruhrbesetzung 1923 zu:

„Der Stab und die höheren Offiziere dieser Besatzung nisteten sich im Kasino ein, sodaß wir uns bei unserem Aufenthalt auf der Kegelbahn äußerste Zurückhaltung auferlegen mußten. Küche und Saal des Kasinos waren beschlagnahmt, während der Wintergarten, das Eßzimmer und die Kegelbahn freigegeben waren.“

Als Folgen der Besatzung wurden „Ausweisungen, Einsperrungen, Erschießungen und Belästigungen friedliebender Bürger“ rhetorisch in die Nähe der Taten friedliebender Kegelbrüder gerückt, die sich durch Aktionen wie das Verstecken französischer Zeitschriften oder dem Beschreiben der Servietten der französischen Offiziere mit Schmähbezeichnungen auszeichneten. Als die Besetzung des Ruhrgebiets und des Hüttencasinos 1925 endete, „atmete man erleichtert auf und man durfte seit langer Zeit mal wieder ein vaterländisches Lied und ein freies Wort über seine Lippen ergehen lassen.“

Daneben gehört die Betonung der Geselligkeit und die Beschwörung einer Bierseligkeit typischerweise ins Medium Bierzeitung: „Von der Gründung an war das Leben im Freitags-Kegelklub stets ein reges und auch die Fidelitas kam immer zu ihrem Rechte.“ So nimmt die Beschreibung der Trinkrunden- und Stammkrugsystematik ebenso viel Raum ein wie die Beschreibung von Ausflugsfahrten oder die Besuche des „Hösch-Kegelklubs“: „All‘ diese Veranstaltungen haben dazu beigetragen, das Zusammengehörigkeitsgefühl in unserem Klub zu stärken und das Verweilen auf der Kegelbahn zu den angenehmsten Stunden des Lebens zu machen.“

Der Vereinsvorstand 1933 hinter Biergläsern.

Sogenannte Bierzeitungen stammen ursprünglich aus dem Studentenmilieu. Als satirische oder humorige Festzeitungen wurden sie meist für einen einmaligen Anlass, wie einen Schul- oder Studienabschluss, eine Hochzeit oder ein Jubiläum, hergestellt und bei diesen Gelegenheiten auch verlesen. Ein Großteil des Inhalts oder der Anspielungen kann nur von der jeweiligen Zielgruppe verstanden werden. Gemeinsame Erlebnisse werden ebenso wie Gruppenkonstellationen zur Erinnerung oder zur Selbstvergewisserung festgehalten. Typische Elemente sind dabei: Gelegenheitsreime, Lieder und Witzzeichnungen oder in Anlehnungen an Tageszeitungen verballhornende Anzeigen und Inserate. Diese Elemente finden sich auch in der Festschrift des Freitags-Kegel-Klub.

Neben einer gedichteten Zusammenfassung der Vereinsgeschichte, die offenbar auf der Jubiläumsveranstaltung vorgetragen wurde, enthält die Schrift Umschreibungen bekannter Lieder, deren Verse auf das Kegeln oder das Trinken umgetextet wurden.

Das "Tafelrundenlied" (Auszug).

Die selbstgezeichneten Karikaturen beinhalten dieselben Themen, sie zeigen ausgewählte Vereinsmitglieder beim „edlen Kegelsport“ oder beim Trinken.

Karikaturen aus der Festschrift.

Die Anzeigen enthalten vor allem den Vereinsmitgliedern verständliche Anspielungen auf Ereignisse oder Eigenheiten Einzelner. Der Hintergrund von Inseraten mit Sätzen wie: „Lt. Feststellung der Abrüstungskonferenz gehört der F.K.K. zur Wehrmacht des Deutschen Reiches“ kann sich Außenstehenden nicht unmittelbar erschließen.

Anzeigen aus der Festschrift.

Die Festschrift kam 1979 als Schenkung durch den Sohn eines Kegelbruders ins Archiv. Bierzeitungen wie diese zeigen eine spezifische Form von Vereinsgeselligkeit. Sie dokumentieren den Humor ihrer Zeit und geben Einblicke in das Freizeitverhalten. Quellen wie diese füllen Forschungsthesen und -fragen nach dem Vereinswesen als sozialer Struktur oder der Sozialisationswirkung von Vereinen mit Leben und beispielhafter Veranschaulichung.

 

Quelle:

Festschrift 25 Jahre F.K.K. im Hütten-Casino 1908-1933, Archiv für Alltagskultur in Westfalen, K02500.