Aldrup-Antrup. Eine Bauerschaft in Lengerich, Lengerich 2021

12.11.2021 Dorothee Jahnke

Manfred Stöppel, Brigitte Jahnke: Aldrup-Antrup. Eine Bauerschaft in Lengerich, Lengerich 2021.

Christiane Cantauw

Einen detaillierten Einblick in die Historie einer Bauerschaft bietet die Publikation „Aldrup-Antrup. Eine Bauerschaft in Lengerich“ von Manfred Stöppel und Brigitte Jahnke. Mit Unterstützung zahlreicher ehrenamtlicher Helfer aus dem Arbeitskreis Stadtgeschichte des Heimatvereins Lengerich ist dem Autorenteam ein spannender Einblick in eine Kleinstregion gelungen, zu dem Lokalhistoriker:innen und Archivar:innen, nicht zuletzt aber auch die Bewohner:innen der verschiedenen Hofstellen das Ihre beigetragen haben. Von den ehemals etwa 100 landwirtschaftlichen Hofstellen werden in der Veröffentlichung 80 vorgestellt. Stöppel und Jahnke tun dies auf Basis des Schatzungs- und Höferegisters der Grafschaft Tecklenburg, der Viehliste von 1643, des Mühlenregisters von 1755 und vieler weiterer historischer Quellen, die über den Viehbestand, aber auch über die Anzahl der Bewohner:innen der einzelnen Hofstellen Auskunft geben. Auch die genealogischen Forschungen einzelner Aldruper:innen und Antruper:innen erwiesen sich bei der Rekonstruktion der Erbfolgen und Wechselfälle auf den einzelnen Hofstellen als hilfreich.   

Eingeleitet wird das alles durch eine kompakte Darstellung der historischen und geografischen Entwicklung der Kleinregion, in der u.a. erläutert wird, wie es zur Leibeigenschaft kam, was Voll- oder Halberben sind, welche landtagsfähigen und nicht-landtagsfähigen Güter es in der Region gab, wie die Hausnummern vergeben wurden, was die Familien- und Flurnamen bedeuten und wie und wo die Kinder aus der Bauerschaft beschult wurden.

Ein Blick ins Buch: Informationen zu Aldrup 1, dem Hof Berkemeier. Quelle: Stöppel/Jahnke, „Aldrup-Antrup. Eine Bauerschaft in Lengerich“.

Dass diese Darstellung für Antruper:innen und Aldruper:innen höchst interessant ist, mag nicht verwundern, wird doch über diese Kleinstregion vieles zusammengetragen, was Gewusstes und Gekanntes ergänzen mag.

Und was können Nicht-Lengericher:innen einer solchen Mikrogeschichte entnehmen? Zunächst einmal bietet das Buch einen vertieften Einblick in die Wirtschaftsgeschichte einer Bauerschaft. Der/die Leser:in erfährt, wie viele Menschen über die Jahrhunderte in den Bauernhäusern, Heuerhäusern, Kotten, Backhäusern und auf den adeligen Gütern gewohnt haben, wie viel Vieh sie gehalten haben, wie viele Knechte und Mägde dort lebten und arbeiteten. Auch wird schnell deutlich, wie gering die Lebenserwartung vor allem der Frauen in den vergangenen Jahrhunderten war. Nach dem Tod ihrer Ehefrauen waren zweimalige oder auch drei- und viermalige Eheschließungen von Hofbesitzern nicht unüblich. Und auch die Hofübergabe erwies sich teils als nicht einfach, weil ein männlicher Erbe oder auch jegliche Erben ausblieb/en.

Neben den sehr alten Hofstellen, die bereits für das 16. Jahrhundert nachweisbar sind, führt das Buch auch Neugründungen aus dem 18. oder 19. Jahrhundert auf. In der Regel handelt es sich bei den Neubauern um die Besitzer kleinerer Hofstellen, die vielfach im Nebenerwerb betrieben wurden. Die Generationenfolge ihrer Bewohner:innen ist entsprechend kurz. Jahnke und Stöppel führen aber auch Hofstellen auf, die irgendwann aufgegeben wurden. Auch das ist im Kontext der lokalen Geschichte überaus interessant, zeigt es doch, dass auch die alten Bauernhäuser, die für Auswärtige das Bild der Kleinregion prägen mögen, durchaus nicht immer Relikte einer jahrhundertealten Tradition einer einzigen Familie sind.

Torbogen auf dem Hof Berkemeier, Aldrup 1, datiert auf den 16. Juni 1780. Foto: Manfred Stöppel.

Auch der tiefgreifende Wandel, der die Landwirtschaft und den ländlichen Raum seit den ausgehenden 1950er Jahren erfasst hat, bildet sich in den Schilderungen und Zahlen über die Hofstellen ab. Auf vielen der ehemals im Voll- oder auch im Nebenerwerb betriebenen Höfe wohnen heute keine Bauernfamilien mehr. Die landwirtschaftlichen Flächen wurden verkauft oder verpachtet und die Bewohner:innen der Bauernhäuser, Kotten, Backhäuser und Heuerhäuser gehen Berufen nach, die mit dem Ackerbau und der Viehwirtschaft nichts mehr zu tun haben.

Das alles lässt sich teils explizit, teils auch zwischen den Zeilen des Aldrup-Antruper Bauerschaftsbuches herauslesen.

Abschließend sei mir noch eine kurze Bemerkung zu den Fotografien (teils auch von Gemälden und historischen Quellen) gestattet, die das Buch anschaulich machen und dem/der Leser:in die einzelnen Hofstellen auch visuell näherbringen. Hier wurden teils aktuelle, teils historische Fotografien genutzt, deren Anzahl durchaus größer hätte sein können. Faszinierend ist beispielsweise die Fotografie einer Tanzlinde auf dem Hof Berkemeier, die um 1920 herum aufgenommen wurde (S. 37). Auch die historischen Fotografien, die die Hofbewohner:innen vor ihrer Hofstelle zeigen, haben einen hohen Erkenntniswert (vgl. z.B. S. 165).     

Insgesamt ist das Buch eine spannende Lektüre, die sich nicht nur für Lengericher:innen eignet!   

 

Manfred Stöppel, Brigitte Jahnke: Aldrup-Antrup. Eine Bauerschaft in Lengerich. Tecklenburg 2021, 227 S., zahlreiche Abbildungen, ISBN  978-3-925147-40-1