Wenn die Katze an der Dienstbesprechung teilnimmt: Alltag während der Corona-Pandemie

24.04.2020

Botschaft an einem Kindergarten in Paderborn. Die Schließung von Schulen und Kindergärten ist nicht nur für die Kinder und Jugendlichen schwierig, auch die dort arbeitenden Menschen vermissen den dortigen Alltag. Foto: Einsendung Schubert.

Kathrin Schulte

„Videoanruf gegen Spende an Tierheim – Für 100 Dollar nimmt ein Lama an deiner Videokonferenz teil“, titelt WDR2 via Instagram (Letzter Zugriff: 22.04.2020). Dies ist eine der Schlagzeilen, die man noch im Februar diesen Jahres wohl kaum für möglich gehalten hätte. Das SARS-CoV-2-Virus hat den Alltag vieler Menschen nicht nur bundes-, sondern weltweit innerhalb weniger Tage radikal auf den Kopf gestellt, wobei vorübergehende Engpässe bei Toilettenpapier oder Mehl die Geringsten unserer Probleme sind. Viele Menschen bangen um die Gesundheit ihrer Angehörigen oder machen sich Sorgen über die Ansteckungsgefahr. Die Absage von (Groß-)Veranstaltungen und die Schließung von Sportstätten, Kultureinrichtungen, der Gastronomie, der Hotels sowie zahlreicher Geschäfte schränkten (und schränken immer noch) das Alltagsleben deutlich ein und hat verheerende Auswirkungen auf das Wirtschaftsleben. Und auch das Kontaktverbot hat großen Einfluss auf das Privatleben und die psychische Gesundheit.

Um einen Teil der Folgen zumindest abzumildern,  sind Improvisation und Kreativität gefragt. Fitnessstudios bieten Onlinekurse für ihre Mitglieder an, Sportartikelhersteller werben mit der perfekten Sporthose für das Homeoffice. Theateraufführungen sind online verfügbar, ebenso wie Lesungen und andere Kulturveranstaltungen. Museen haben innerhalb kürzester Zeit Onlineführungen und ähnliche Angebote realisiert (Kultur in Westfalen sowie Kultur Bewegt geben eine ausführliche Übersicht). In der Gastronomie wurde die Möglichkeit, Gerichte zu bestellen oder abzuholen ausgeweitet – oft zu erkennen an den Markierungen auf dem Gehweg vor dem Lokal, die das Abstandhalten gewährleisten sollen. Selbst Bier- oder Weinverkostungen sind inzwischen per Videokonferenz möglich.

Auch soziale Interaktion hat sich inzwischen in den digitalen Bereich verlagert, vor allem in Form von Videochats. Man trinkt das Bier oder den Wein mit den Freunden vor dem Laptop, während man in der Jogginghose auf dem Sofa lümmelt, Kinder im Hintergrund kreischen oder sich die Katze vor die Kamera drückt. Selbst Brett- oder Kartenspiele werden online mit den Freunden gespielt.

Kreativer Umgang mit den Begleiterscheinungen der Pandemie. Foto: LWL/Cantauw.
Die Restaurants improvisieren und haben Lösungen gefunden, die Kund*innen auch unter Wahrung von Sicherheitsvorkehrungen zu bedienen, wie hier mit Hilfe eines Mikrofons. Foto: LWL/Schulte.

Ebenso hat sich in der Arbeitswelt innerhalb kürzester Zeit einiges verändert. In vielen Betrieben und Einrichtungen wird nun im Homeoffice gearbeitet. Dies ist vor allem für Eltern vor dem Hintergrund geschlossener Schulen und Kindertagesstätten eine große Herausforderung. Küchen- oder Wohnzimmertische werden zu Büros im Miniaturformat. Ein spannendes Phänomen ist hier die Videokonferenz, da sie Einblicke in die Privaträume der Kolleg*innen und Vorgesetzten gibt. Die Teilnehmenr*innen stehen vor der Entscheidung, wie sie sich präsentieren möchten: Setzt man sich an die eine Seite des Esstisches und offenbart die private Minibar, oder wählt man doch lieber die andere Seite und präsentiert sich vor dem Regal mit der Fachliteratur? Wählt man die Wand mit den Familienfotos oder doch lieber die weiße? Was zieht man an? Die Jogginghose wird bei einer solchen Konferenz nicht gesehen, aber tauscht man den Kapuzenpullover auch nach einem Monat im Homeoffice noch gegen das akkurat gebügelte Hemd? Diese Überlegungen, ebenso wie Kinder, Tiere oder Partner*innen, die ungeplant im Bild erscheinen, bedeuten eine Veränderung des Arbeitsalltags, die Abgrenzung vom Beruflichen zum Privaten ist nicht immer aufrecht zu erhalten.

Und noch etwas Anderes rückt in den Fokus: der Mundschutz oder die Alltags-Atemschutzmaske.  Diese reichen vom medizinischen Modell über improvisierte Lösungen aus Kaffeefiltern oder Küchentüchern bis hin zu selbstgenähten Exemplaren aus bunten Stoffen, die auch modische Zwecke erfüllen oder zum Ausdruck von Befindlichkeiten genutzt werden können. Ob sie sich auch nach der Pandemie halten können und zum Beispiel im Falle einer Erkältung zum Schutz Anderer getragen werden, ist unklar, wäre jedoch wünschenswert.

Die Kommission Alltagskulturforschung sammelt in ihrem Archiv Zeugnisse zum Alltag in Westfalen-Lippe in Vergangenheit und Gegenwart. Hierzu gehört auch die Dokumentation des Alltags zu Zeiten der Corona-Pandemie. Daher fotografiert das Team der Geschäftsstelle momentan Augenfälliges aus dem Corona-Alltag, sei es das Mundschutz-Nähen am Küchentisch, Sport oder Unterricht im Wohnzimmer, Balkonkonzerte, Plakate oder die wenigen Kontaktmöglichkeiten „auf Abstand“ zum Beispiel über den Gartenzaun hinweg. Auch LWL-Kollegen*innen haben sich bereits mit Fotografien beteiligt. Wenn Sie  uns Fotos zur Verfügung stellen möchten (einschließlich Rechteeinräumung) melden Sie sich bitte über voko@lwl.org.

Die Rechteeinräumung finden Sie hier als PDF-Dokument zum Download.

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Schlagworte: Fotografie · Kathrin Schulte