Timo Luks
Im frühen 20. Jahrhundert, so schreibt der Historiker Peter-Paul Bänziger, setzte sich bei jungen Angestellten, zu denen auch die 1894 geborene Anni Topheide gehörte, eine neue „Erlebnisorientierung“ durch – in der Freizeit ebenso wie in der Arbeit. So richtig viel Glück mit ihrer Arbeit hatte Anni Topheide nicht. Die dortigen Erlebnisse waren eher negativer Art. Im Textilhaus Kluxen in Münster, wo sie eine Ausbildung als Buchhalterin absolviert hatte und bis 1915 tätig war (bevor sie in die Münsteraner Niederlassung der AEG wechselte und sich 1920 zusammen mit ihrem Mann Hubert Höing selbständig machte), empörte sie immer wieder das Verhalten des „Patriarchen“ Bernhard Kluxen. Ihre Tagebücher geben davon beredtes Zeugnis: „trotz größten Fleißes nie ein Lob u. ein freundlich Wort“. Den Chef habe sie zunächst gefürchtet, rasch kam jedoch „Hass“ hinzu. Konfrontiert mit einem „Tyrannen“ und rücksichtslosen Ausbeuter (so sah Anni das) und angesichts von Umständen, die ihr das eigene Angestelltendasein als „Leibeigenschaft“ erscheinen ließen, blieb also nur die Freizeit, die es umso mehr auszukosten galt. Ihre Fotoalben jedenfalls beinhalten zahlreiche Fotos von Freizeitaktivitäten. Ausflüge, einige mit dem Rad, scheinen regelmäßiger, zumindest regelmäßig fotografisch festgehaltener Bestandteil gewesen zu sein.