Ansichtssache. Bielefeld-Bilder vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart

27.05.2022 Peter Herschlein

Bierstiefel mit Ansicht von Bielefeld, Historisches Museum Bielefeld.

Gerhard Renda

Erstmals wird mit dieser Ausstellung der Versuch unternommen, die bildlichen Darstellungen der Stadt Bielefeld von der Frühen Neuzeit bis in die Gegenwart in ausgewählten Beispielen vorzustellen. Im Gegensatz zu anderen alten westfälischen Städten wie Dortmund, Münster oder Soest hatte Bielefeld Jahrhunderte lang keine große politische oder wirtschaftliche Bedeutung. Entsprechend selten und wenig aussagekräftig ist die bildliche Überlieferung bis zum Ende des Alten Reichs 1803. 

Im Verlauf des 19. Jahrhunderts ändert sich das Bild. Die ständig wachsende Bedeutung Bielefelds als Industriestandort und ein aufstrebendes Bürgertum als Käuferschicht geben den Anstoß für grafische Ansichten und einige wenige Gemälde. Am Ende des Jahrhunderts treten mit der Fotografie und der Postkarte zwei neue Medien hinzu. Sie sorgen dafür, dass die Zahl der Stadtansichten schnell ansteigt und durch den geringen Preis auch für breitere Bevölkerungsschichten zugänglich wird. Dabei liegt das Augenmerk sowohl auf den Zeugnissen der Vergangenheit als auch auf Neubauten, die den Stolz der wachsenden Stadt verkörpern. Zugleich entwickelt sich der frühe Tourismus, der für Bielefeld zwar wenig ausgeprägt ist, aber dennoch Souvenirs mit dem Bild der Stadt verlangt. Auch die Stadtoberen und die Unternehmen verwenden im Sinn des Marketings markante Bauwerke als Markenzeichen.

Mit der 1907 gegründeten Handwerker- und Kunstgewerbeschule entsteht erstmals eine Einrichtung als Kristallisationskern, um die sich so etwas wie eine Kunstszene entwickeln kann. Die Künstler dieser Generation der „Bielefelder Moderne“ wie Peter August Böckstiegel, Paul Kottenkamp, Ernst Sagewka, Hermann Stenner, Victor Tuxhorn und viele andere mehr stehen im Mittelpunkt der Ausstellung. Sie entdecken „Alt-Bielefeld“, jene krummen Fachwerkwinkel und -gassen, die malerische Motive bieten. Aber ihr Interesse gilt nicht nur der pittoresken Vergangenheit, sie nehmen auch die Industriestadt mit ihren Fabriken in den Blick.

Der Zweite Weltkrieg hat die Innenstadt stark zerstört und das vertraute Stadtbild vernichtet. Diese Zerstörungen halten Künstler und Fotografen fest, klammern sich an die Reste des alten Bielefeld, die beim Wiederaufbau weiter dezimiert werden. Ein wacher künstlerischer Chronist wie Wassilij Barssoff dokumentiert diesen Umbruch, der Bielefeld verwandelt. Es ist die Zeit der städtebaulichen Visionen, die dem Verkehr Vorrang einräumen. Die zeitgenössische Kunst wendet sich von der Gegenständlichkeit ab, das Stadtbild als Motiv gerät ins Abseits. Fotografie und Film, beide oft im Dienst der (Eigen-)Werbung, prägen zunehmend die Wahrnehmung des Stadtbilds. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts gibt es aber in diesem Bereich wieder eine kreative künstlerische Auseinandersetzung mit dem persönlichen „Blick auf Bielefeld“.

Die Ausstellung umfasst etwa 140 Werke von 30 öffentlichen und privaten Leihgeber*innen und ist nicht chronologisch geordnet, sondern gliedert sich nach einzelnen Themenfeldern. Mit Gemälden, Arbeiten auf Papier, Grafiken, Fotografien, Postkarten und Souvenirs sind Abbildungen der Stadt auf vielfältige Weise vertreten. Zur Ausstellung ist ein Begleitbuch mit 336 Seiten zum Preis von 24,95 Euro erhältlich.

 

Ansichtssache. Bielefeld-Bilder vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart (29. Mai bis 2. Oktober 2022)

Historisches Museum Bielefeld

Ravensberger Park 2, 33607 Bielefeld

www.historisches-museum-bielefeld.de

Kategorie: Ankündigungen

Schlagworte: Museum · Gerhard Renda