Niklas Regenbrecht
Immer wieder einmal erhalten wir für das Archiv für Alltagskultur in Westfalen Schenkungen von Schriftgut oder Fotografien. Neuester Zugang ist ein umfangreicher Bestand an Schüler- und Abizeitungen aus der Zeit zwischen 1960 und 2021. Dieser wurde von Wolfgang Battermann übergeben, der während seiner Tätigkeit als Lehrer am Gymnasium Petershagen und weit darüber hinaus eine umfangreiche Sammlung an Publikationen aus Schülerhand zusammengetragen hat.
Die Schülerzeitungen trugen Namen wie Die Druckmaus, schwarz – weiss, Banal, Il Fiasco, Radieschen, Rotkehlchen, Kontakte, ion, Zeitdruck, Papperlapapp, Na und?!, Umsonst, Das Echo, Curare, Ex oder Ocullus. Die lange Reihe der Namen zeigt schon an, was auch die erste Ausgabe der 1976 erstmals erschienenen schwarz – weiss als ein zentrales Problem des Mediums ansprach: ihre Kurzlebigkeit und ihr Gebundensein an das Engagement Einzelner. Hinzu kam, dass die Zeitungsmacher naturgemäß Anfänger waren, gleichzeitig jedoch stets – bisweilen harscher – Kritik aus dem restlichen Schülerkreis ausgesetzt waren.
„Mit einiger Mühe haben wir uns jetzt endlich aufgerafft, mal eine neue Schülerzeitung zu machen! […] Aber stempelt uns nicht gleich ab! Wir wollen nicht bloß provozieren und Leute schocken. Die meisten von uns machen zum ersten Mal eine Schülerzeitung. Wir wollen und können also gar nichts perfektes liefern.“ (Vorwort, in: Zeitdruck Nr. 1, 1982)
Neben Schulnachrichten und Unterhaltung enthalten gerade die Blätter der 1970er Jahre auch Beiträge zu Themen wie Wehrpflicht, Jugendstrafanstalten, Alkoholismus oder Atomkraft. Es wäre sicher eine interessante Fragestellung, ob sich anhand der Schülerzeitungen eine Entpolitisierung der Jugend ablesen lässt oder ob es sich bei dieser These um ein reines Klischee handelt. Denn das Besondere an dieser Sammlung ist – im Gegensatz zur Überlieferung nur vereinzelter Schülerzeitungen – die Durchgängigkeit über einen Zeitraum von etwa 60 Jahren und die Konzentration auf eine Schule. Eine Überlieferungslage, die abseits von schwer zugänglichen Schularchiven nur sporadisch zu finden ist. Von 1960 bis 2021 lässt sich hier exemplarisch ablesen, welche Themen Schüler in ihrer Zeit für wichtig und diskussionswürdig erachteten und wie sich angehende Abiturienten darzustellen pflegten. Der Materialumfang und die Zeitspanne ermöglichen es, Entwicklungen in den Blick zu nehmen und Vergleiche anzustellen. Der Bestand lädt zur künftigen Erforschung ein und verspricht interessante Einblicke in Bereiche wie die Geschichte der Jugendkultur und des Schulalltages, jugendliche Protestkultur oder historische Bildungsforschung. Nicht zuletzt stellt die Sammlung eine schier unerschöpfliche Quelle für Jugendsprache und Schülerhumor dar.