Die im Stadtarchiv Werne aufbewahrten Akten zum Handwerks- und Innungswesen der Bürgermeisterei Werne aus den 1920er Jahren belegen, dass Franz Köhling zusammen mit zehn weiteren Friseur- und Perückenmachern als Gründungsmitglied der „Zwangsinnung für Barbier-, Frisier-, und Perückenhandwerk in Werne und des Amtes Bockum Hövel“ auftrat.
Was verbirgt sich hinter solch einer Zwangsinnung? Eingeführt wurde diese Form von Innung mit dem Handwerkergesetz von 1897, wonach der Beitritt zu einer solchen Innung allen zu einem Handwerk gehörenden Gewerbetreibenden vorgeschrieben war. Zu den Aufgaben der Innung zählten neben der „Pflege des Gemeingeistes“ und der „Aufrechterhaltung und Stärkung der Standesehre unter den Innungsmitgliedern“ vor allem die „Regelung des Lehrlingswesens“ und die „Abnahme von Gesellenprüfungen“ (§ 2, Statut der Friseur-, Barbier –und Perückenmacher Zwangs-Innung Werne a.d. Lippe 1924). Die Mitglieder hatten sich außerdem an einen gemeinsamen Geschäftscodex zu halten, der „unlauteres Geschäftsgebaren, wie marktschreiende Reklame, oder die öffentliche Ankündigung von nicht üblichen Gratisangeboten oder von Schleuderpreisen, welche mit dem Werte der angebotenen Ware oder Leistungen in offenbarem Mißverhältnis stehen“ untersagte. Allerdings durfte den Mitgliedern keine Beschränkungen in der Preisfestlegung auferlegt werden (§ 10).
Mit dem Tod Franz Köhlings am 2. Februar 1930 endete seine Mitgliedschaft in der Innung jenes Gewerbes, welches er und sein Vater Heinrich über insgesamt 64 Jahre lang ausgeübt haben. Das Beispiel der Familie Köhling zeigt einmal mehr, wie lohnenswert ein Archivbesuch bei der Suche nach Antworten sein kann und dass sich bei einer Archivrecherche meist zahlreiche neue und interessante Anknüpfungspunkte finden lassen.