Bilder einer Sommerreise: Der Amsterdamer Künstler Martin Monnickendam in Westfalen, Lippe und im Weserbergland 1923

16.11.2021 Dorothee Jahnke

Aktuelle Ausstellung im Museum Hexenbürgermeisterhaus Lemgo

Amsterdam: Blick auf den Schreiersturm. Aquarell und Kreide auf Papier (1922). Quelle: Stichting Vrienden van de Schilder Martin Monnickendam.

Jürgen Scheffler

In seiner Herbstausstellung zeigte der Amsterdamer Kunsthändler Bernard Houthakker im Jahre 1923 Aquarelle und Pastelle, die im Sommer des gleichen Jahres auf einer Reise in Deutschland entstanden waren. Der Künstler Martin Monnickendam (1874-1943) war in die Weserregion gereist und hatte seine Eindrücke in 60 farbenprächtigen Stadt- und Landschaftsbildern festgehalten.

Martin Monnickendam hatte die Städte Münster, Soest und Bielefeld besucht und war danach in das Land Lippe gereist. An der Weser hatte er Hameln, Höxter und Karlshafen besichtigt. Hildesheim und Goslar waren weitere Stationen der Reise, die ihn bis auf den Brocken geführt hatte.

Martin Monnickendam im Atelier (um 1910). Quelle: Stichting Vrienden van de Schilder Martin Monnickendam.

Bereits 1922 war Marin Monnickendam mit seiner Familie nach Rothenburg ob der Tauber gereist, wo er ebenfalls gemalt und gezeichnet hatte. Die Reisen nach Deutschland, denen in den späten 1920er und 1930er Jahren ausgedehnte Reisen nach Frankreich und Italien folgten, waren Ausdruck seines Erfolges als Künstler. Er hatte zahlreiche Anerkennungen für seine Bilder bekommen, beteiligte sich an Ausstellungen in Galerien und Museen, war ein gefragter Porträtist und war Mitglied mehrerer Künstlervereinigungen in Amsterdam.

Martin Monnickendam stammte aus einer jüdischen Familie, die zum Amsterdamer Bürgertum gehörte. Seit 1906 war er mit Alice Mouzin verheiratet, einer Nicht-Jüdin, die bis zu ihrer Hochzeit eine Industrieschule für Mädchen geleitet hatte. Monnickendam hatte an der Reichsakademie für Bildende Kunst in Amsterdam studiert und einen zweijährigen Studienaufenthalt in Paris absolviert, wo er Kurse an der „Ecole des Arts et Métiers“ belegt hatte.

Im Laufe seines Lebens hat Martin Monnickendam ein umfangreiches Werk geschaffen. Neben zahlreichen Porträts sowie Darstellungen von Städten und Landschaften, die er auf Reisen besucht hatte, gehörten Ansichten aus dem Amsterdamer Stadt- und Gesellschaftsleben zu seinen bevorzugten Sujets. Dabei widmete er sich wiederholt Themen des jüdischen Lebens in der Stadt. Zu seinen bedeutendsten Arbeiten gehört das Gemälde des Inneren der Aschkenasischen Großen Synagoge in Amsterdam. Das Bild entstand aus Anlass ihrer 300-Jahrfeier. Sie war ein bedeutendes Ereignis und galt als Ausdruck des Selbstbewusstseins der jüdischen Gemeinde sowie ihrer erfolgreichen Integration in die Stadtgesellschaft. Das Ölgemälde wird heute im „Joods Historisch Museum“ in Amsterdam gezeigt.

Amsterdam: Das Innere der Aschkenasischen Großen Synagoge. Öl auf Leinwand (1935). Quelle: Joods Historisch Museum, Amsterdam.

Mit der Besetzung der Niederlande durch die deutsche Wehrmacht im Jahre 1940 wurde Martin Monnickendams Leben durch die antijüdischen Maßnahmen stark eingeschränkt. Die Mitgliedschaft in der Künstlervereinigung „Arti et Amicitiae“ wurde ihm entzogen. Aufträge bekam er kaum noch. Auf Grund seiner Ehe mit einer Nicht-Jüdin wurde er nicht deportiert. Er starb am 4. Januar 1943. Seine Schwestern Liesje (Elisabeth) und Rachel wurden in den NS-Vernichtungslagern ermordet. An sie erinnern zwei Steine im Nationalen Holocaust Denkmal in Amsterdam.

Das Werk von Martin Monnickendam geriet nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Vergessenheit. Es ist der „Stichting Vrienden van de Schilder Martin Monnickendam“ zu verdanken, dass sein Werk bewahrt, restauriert und erforscht wurde und dass es seit einigen Jahren in Museen und Sonderausstellungen gezeigt wird.

Die Aquarelle und Pastelle, die auf der Reise in die Weserregion entstanden sind, sind bis zum 02. Januar 2022 in der Ausstellung “Reiselust“ im Museum Hexenbürgermeisterhaus in Lemgo zu sehen. 

Museum Hexenbürgermeisterhaus Lemgo,
Breite Str. 17-19
Tel. 05261-213276, www.hexenbuergermeisterhaus.de
Öffnungszeiten: Di-So 10-17 Uhr, Eintritt frei

 

Die Ausstellung ist eine Kooperation zwischen der Monnickendam-Stiftung, der Städtischen Galerie Schwalenberg und dem Museum Hexenbürgermeisterhaus Lemgo.

Katalog zur Ausstellung: Mayarí Granados/Jürgen Scheffler/Fabian Schröder (Hg.), Reiselust. Der Amsterdamer Künstler Martin Monnickendam in Lippe und im Weserbergland 1923, Bielefeld: Verlag für Regionalgeschichte 2020, 15 €.