Ausstellung „Vom Weggehen und Ankommen. Heimat I Gestern I Heute I Hier“

04.02.2020

Die Ausstellung „Vom Weggehen und Ankommen. Heimat I Gestern I Heute I Hier“ ist ab dem 6. Februar 2020 in der Synagoge in Coesfeld zu sehen.

Kurz gefasst geht es in der kleinen Ausstellung, die vom 6. bis zum 15. Februar 2020 in der Synagoge in Coesfeld zu sehen ist, um Menschen. Sie haben ihre Heimat freiwillig oder gezwungenermaßen verlassen, wurden deportiert, interniert, vertrieben, gerettet oder eingeschleust, sie kamen aber auch irgendwo und irgendwann an, haben sich eine neue Heimat erobert, noch einmal neu angefangen – teilweise mehr als einmal.

Für die Publikation „Sie sprechen aber gut deutsch“ hat die Journalistin Ulla Wolanewitz Menschen mit Migrationsgeschichte, Vertriebene, Spätaussiedler, Zwangsarbeiterinnen und Flüchtlinge nach ihren Geschichten gefragt und sie in einem 175 Seiten umfassenden Bändchen veröffentlicht. Zehn dieser Lebensgeschichten finden sich nun einer Ausstellung wieder, die die Zeit zwischen dem Ausgang des Zweiten Weltkriegs und 2015 umspannt.

Flucht, Vertreibung und Migration werden in der Ausstellung nicht als zahlenmäßige Phänomene geschildert, die letztlich abstrakt bleiben, sondern als persönliche Schicksale. Hier wird eine Ebene geschaffen, die von der Besucherin Verstehen und Anteilnahme, Interesse und Sich-Einlassen verlangt. Manche der Geschichten sind vielfach erzählt worden, andere waren lange verdrängt oder sind noch nie erfragt worden. Allen gemeinsam ist die Erfahrung von Grenzsituationen, die sich tief eingeprägt und dem Leben eine andere Richtung gegeben haben.

Da ist zum Beispiel die Geschichte von Ayten Gümüştekin-Başaran, die 1969 als Tochter türkischer Arbeitsmigranten in Dülmen geboren wurde. Ihr Vater arbeitete als Schlosser in einem örtlichen Betrieb. Zuhause wurde türkisch gesprochen, aber die Kinder sprachen untereinander deutsch. Ayten Gümüştekin-Başaran wurde in den 1970er und 80er Jahren vielfach mit Ausländerfeindlichkeit konfrontiert. Die Familie erlebte aber auch Solidarität von Einheimischen. Vor allem die Schulzeit von Ayten war von mannigfaltigen Vorurteilen der deutschen LehrerInnen gegen das türkische Mädchen überschattet. Da war es eine gewisse Erleichterung, dass sie und ihr Bruder die Möglichkeit hatten, nach der Fachoberschulreife ihr Abitur in der Türkei zu absolvieren. Leider wurde der Abschluss in Deutschland nicht anerkannt, so dass ein erneuter Schulbesuch anstand. 1991 konnte sie sich endlich für das ersehnte Studium der Architektur einschreiben. Hier fühlte sie sich zum ersten Mal nicht als Außenseiterin. Ayten Gümüştekin-Başaran lebt heute mit ihrem Mann, einem türkischstämmigen Münsteraner, und ihren drei Kindern in Dülmen. Sie kommt rückblickend zu dem Fazit, dass „die Integration kein Kindergeburtstag war“. Das habe man sich wirklich erkämpfen müssen.       

Teil der Ausstellung ist der Kurzfilm „Vom Weggehen und Ankommen“ der Filmemacherin Susanna Wüsteneck, in der sechs Protagonisten aus der Ausstellung zu Wort kommen. Sie beschreiben, wie sie ihre Ankunft in Deutschland erlebt haben und wie sie in der Region Fuß gefasst haben.

Zur Ausstellung gehört außerdem eine Biparcours-App, die die Inhalte interaktiv aufbereitet.

Die Ausstellung eignet sich für Einzelbesucher, aber auch für Gruppen und Schulklassen. Führungen sind nach Terminabsprache möglich. Ansprechpartnerin hierfür ist Ulla Wolanewitz (uwolanewitz@web.de).

Die Ausstellung ist noch bis zum 15. Februar in der Synagoge Coesfeld, Zur Synagoge, 48653 Coesfeld zu sehen.