Dorothee Jahnke
Die Deutsche Arbeitsfront (DAF) und die Gauverwaltung Westfalen-Nord gaben 1939 eine Publikation mit dem Titel „Das schöne Dorf im Gau Westfalen-Nord. Beiträge und Bilder zur Dorfverschönerung“ heraus. Dieser Ratgeber diente als Hilfe zur (Um-)Gestaltung von Dörfern in Hinblick auf den Wettbewerb „Das schönste Ortsbild“, bei dem unter anderem Gau-Musterdörfer gekürt wurden. Gleichzeitig leitete er dazu an, Dörfer äußerlich an die nationalsozialistische Ideologie anzupassen, teilweise orientiert an der völkischen Heimatschutzbewegung. Einige NS-Anpassungsversuche sind dabei recht offensichtlich, etwa die Aufforderung zur Einrichtung eines HJ-Heims. Doch auch an Rudolf Dillenburgs Beitrag „Baut Schwimmbäder auf dem Lande!“ kann gezeigt werden, welchen Einfluss nationalsozialistische Institutionen und Idealvorstellungen auf die Dorfgestaltung hatten.
Rudolf Dillenburg bemängelte: „Es gab eine Zeit, in der man glaubte, die Landbevölkerung braucht keine Leibesübungen zu betreiben, da die dauernde körperliche Beschäftigung in der frischen Luft genug ‚Sport‘ sei. Die ärztlichen Musterungen und Urteile haben allerdings das Gegenteil bewiesen.“ (Dillenburg, S. 138) Er machte dafür vor allem einseitige Belastungen und einen Mangel an Ausgleichssport verantwortlich. Dieser Mangel würde aber nicht auf einer Abneigung beruhen. „Richtig ist vielmehr, daß die Landbevölkerung und ganz besonders die Landjugend Leibesübungen betreiben und vor allen Dingen baden und schwimmen will. Es ist aber leider auch richtig, daß draußen auf dem Dorf meist zu wenig Gelegenheit geboten ist, vernünftige Leibesübungen zu betreiben“ (ebd.). Dillenburg erwähnt „die Schaffung des ‚Propaganda-Ausschusses zur Förderung des Schwimmsportes‘, Berlin W 35, Viktoriastr. 6, für den der Reichsbauernführer, der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda und der Jugendführer des Deutschen Reiches die Schirmherrschaft übernommen“ (ebd.) hätten. Der Ausschuss würde zwar beratend tätig sein, ein Impuls zum Schwimmbadbau müsse aber vom jeweiligen Dorf ausgehen. Auch die eigentliche Arbeit müsste selbst geleistet und finanziert werden.
In diesem Kontext verweist der Text auf einen 1936/37 von der Landesbauernschaft Westfalen ausgelobten Wettbewerb. Mit diesem „Preisausschreiben für den Bau von Schwimmbädern“ (ebd.) sollte die Einrichtung von Schwimmmöglichkeiten in ländlichen Gebieten angeregt werden. Bedingung war, dass zumindest „ein Teil der Arbeiten durch Gemeinschaftsarbeit geschaffen wurde. Der Erfolg war gut: 12 Freibäder und einige Dorfbrausebadeanlagen wurden errichtet“ (ebd.). Sieger war das neugeschaffene Freibad in Willebadessen-Peckelsheim.
Bereits in der Saison 1938 hätten dort „27 Jungen und Mädchen die Freischwimmerprüfung“ (Dillenburg, S. 139) gemacht. Das Schwimmbad in Peckelsheim sei für unter 5.000 Reichsmark gebaut worden, was nur die unbezahlte „Gemeinschaftsarbeit“ (ebd.) und eine Steinspende für das Becken ermöglicht hätten. Für Orte, die sich einen teuren Neubau nicht leisten könnten, empfiehlt Dillenburg die Einrichtung einer Badestelle an bereits vorhandenen Teichen oder anderen Gewässern. Denn: „Es kommt nur darauf an, daß man die Sache anpackt, und daß der Wille da ist, mitzuarbeiten an der Erstarkung und Ertüchtigung unseres Volkes“ (ebd.). Dillenburg führt weiter aus, dass „in jedem größeren Dorf, in jeder größeren Gemeinde ein Schwimmbad für den Sommer und ein Brausebad für die Winterzeit errichtet“ (ebd.) werden müsse. Zum Abschluss seines Beitrags nennt er den Grund dafür: „Wer mit daran arbeitet, daß dieses Ziel erreicht wird, arbeitet mit an der Gesundheit und Erstarkung unserer deutschen Jugend“ (ebd).