Benediktuskreuz und Benediktussegen

01.10.2024 Niklas Regenbrecht

Benediktusmedaille als Votivgabe in der Kirche in Freckenhorst, Foto: Andreas Eiynck.

Andreas Eiynck

In vielen Sammlungen in den katholischen Regionen Westfalens wie überhaupt in den katholischen Gebieten Mitteleuropas findet man Medaillen mit dem sogenannten Benediktussegen, die auch „Benediktspfennig“ genannt werden.

Die älteren Medaillen dieser Art zeigen zumeist eine ovale Form. 1880, zum 1400. Geburtstag des Heiligen Benedikt, entstand eine neue, runde Darstellungsform, die sogenannte „Jubiläumsmedaille“, die heute noch in vielen benediktinischen Klöstern und Einrichtungen sowie in Devotionalienhandlungen erhältlich ist.

Die traditionelle Benediktusmedaille zeigt auf der Textseite in kreuzförmiger Anordnung die Anfangsbuchstaben des Segenstextes. Auf dem senkrechten Kreuzbalken sind die Buchstaben CSSML (Crux sacra sit mihi lux = Das heilige Kreuz sei mein Licht), auf den Querbalken die Buchstaben NDSMD (non draco sit mihi dux = Nicht der Drache sei mir Führer) eingeprägt. Die vier Buchstaben in den Ecken des Kreuzes lauten CSPB (Crux Sancti Patris Benedicti = Kreuz des Heiligen Vaters Benedikt).

Medaille mit einem Benediktus-Segen, Textseite, Foto: Andreas Eiynck.

Umrahmt wird diese Buchstabenfolge von der Abkürzung VRSNSMVSMQLIVB (Vade Retro Satana, Nunquam Suade Mihi Vana, Sunt Mala, Quae Libas: Ipse Venena Bibas - „Weiche zurück Satan, führe mich niemals zur Eitelkeit. Böse ist, was du mir einträufelst: trinke selbst dein Gift"). Den oberen Abschluss bilden die Buchstaben PAX (= Frieden) oder IHS (die Abkürzung der griechischen Schreibweise des Namens Jesu).

Die Formel des Benediktussegens ist erstmals in einem spätmittelalterlichen Codex des Klosters Metten in Niederbayern aus dem Jahr 1414 belegt. Dargestellt ist sie auf einem Schriftband in Verbindung mit einem Mönch, der ein Segenskreuz hält. Die Person wurde in Metten als Heiliger Benedikt gedeutet.

Bei einem Straubinger Hexenprozess im Jahr 1647 sollen sechs der Hexerei bezichtigte Frauen ausgesagt haben, über das Kloster Metten hätten die Hexen keine Macht gewinnen können, weil dort ein „Benediktuskreuz“ verborgen sei. Dies bezog man auf den Benediktussegen und damit begann die Verbreitung dieses Segens als Amulett in Form von Medaillen, Zetteln, Metallreliefs und Hornprägungen.

Die Medaillen trug man als Anhänger an einer Schnur um den Hals, am Rosenkranz und in Süddeutschland auch an Fraisenketten, diese Bezeichnung benennt zu einer Kette zusammengefügte Amulette. Man konnte die Medaillen auch in der Geldbörse bei sich tragen. Benediktusmedaillen wurden in Baufundamente eingemauert, unter Hausschwellen und im Stall vergraben, Kindern in die Wiege gelegt und in Brunnen geworfen, an Kuhgeschirren befestigt sowie auf Melkeimern und anderen Metallgeräten festgelötet.

Der Heilige Benedikt gilt in der katholischen Kirche als einer der vierzehn Nothelfer, das sind Heilige, die in Todesangst angerufen wurden, und gehört bis heute zu den populärsten Heiligen. Das Benediktuskreuz sollte besonders vor Gift und dem Teufel schützen, was aus dem Inhalt des Segens hergeleitet wurde. Die Formel „… selbst trinke das Gift“ geht zurück auf die Lebensbeschreibung Benedikts durch Papst Gregor den Großen (+ 604). Demnach hätte eine Mönchsgemeinschaft Benedikt zunächst zu ihrem Abt gewählt, doch dann erschienen ihnen die Ansprüche des jungen Vorstehers zu extrem. Sie beschlossen, ihn mit einem Gifttrank zu töten. Als Benedikt das Kreuzzeichen über den Trank schlug, zerbrach der Kelch und eine züngelnde Schlange als Sinnbild des Verderbens durch Teufel und Gift trat daraus hervor.

Medaille mit einem Benediktus-Segen, Bildseite, Foto: Andreas Eiynck.

Die Bildseite der traditionellen Benediktusmedaillen zeigt den Heiligen mit dem Segenskreuz in der einen und seiner Ordensregel in der anderen Hand. Zu seinen Füßen erscheinen als Symbole eine Mitra (Kopfbedeckung eines Abtes) und ein Abtstab (Krummstab) sowie die Darstellung eines Raben. Dieser Rabe geht auf eine weitere Legende zurück, die durch Gregor den Großen überliefert ist. Ein eifersüchtiger Kleriker wollte Benedikt mit einem vergifteten Brot ermorden. Dieser aber bemerkte „die Pest, die sich im Brot verbirgt“. Er gab das Brot dem Raben, der ihn täglich besuchte, und dieser flog damit davon. Das Motiv des Raben bildet gleichzeitig eine Verbindung zum biblischen Propheten Elias, dem in seiner Zeit als Eremit ein Rabe täglich Nahrung brachte. Benedikt ist damit als der neue Elias gekennzeichnet.

Benediktusmedaille am Rauchfang eines Bauernhauses im Münsterland, Foto: Andreas Eiynck.

Im vergangenen Jahr wurde bei der Renovierung eines alten Bauernhauses im Kreis Coesfeld ein Benediktuspfennig entdeckt, der in den Rauchfang des Herdfeuers eingelassen war. Er kam beim Abtragen der zahlreichen Farbschichten auf dem Gesims des Rauchfangs zum Vorschein und hatte an dieser zentralen Stelle des 1781 errichteten Bauernhauses offensichtlich die Funktion eines Amulettes.

Benediktusmedaille am Rauchfang eines Bauernhauses im Münsterland, Detailansicht, Foto: Andreas Eiynck.

Literatur:

Beda Danzer: Die Benediktusmedaille, ihre Geschichte, Gebrauch und Wirkungen. St. Ottilien 1928.

Hans Niedermeier: Die Benediktusmedaille. In: Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde 1960, S. 73-81.

Manfred Brauneck: Religiöse Volkskunst. Andachtsbilder, Hinterglas, Rosenkranz, Amulett. Köln 1978, S. 295-296.

Hanns Otto Münsterer: Amulettkreuze und Kreuzamulette. Studien zur religiösen Volkskunde. Regensburg 1983.

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Schlagworte: Andreas Eiynck · Religion