Die Brandtafel von 1575 in Metelen

18.04.2023 Marcel Brüntrup

Andreas Eiynck

Das Dorf Metelen im nördlichen Münsterland war seit dem Mittelalter Sitz eines Adeligen Damenstiftes mit einer Klosterkirche im Mittelpunkt. Die Topografie des Ortskerns zeigte den für Stiftsdörfer typischen Grundriss mit den Stiftsgebäuden auf der einen und den Hausstätten der Dorfbewohner auf der anderen Seite des Kirchhofes.

In einem der alten Fachwerkwerkhäuser in der Kirchringbebauung waren zwei Tafeln aus Bentheimer Sandstein eingelassen, die nach dem Abbruch des alten Hauses in einen Neubau an gleicher Stelle eingemauert wurden (heute Kirchstraße 3).

Die „Brandtafel“ mit der niederdeutschen Inschrift zum Brand in Metelen 1575 (Foto: Andreas Eiynck).

Die eine Tafel zeigt eine längere niederdeutsche Inschrift. Die Buchstabengetreue Abschrift lautet:

IN DER TIT WOR WAR

ANNO 1575 IAR VP

SIMI IW DEN DACH GRO [T]

SCHADEN TO METELE

SCHACH IT IS AL SO VO[R]

WAR ACHTESTIGE HW-

SE BRANDEN DAR UPS

TIT ERS AN GON DE KERCKEMI.

                                               BRM

In dem Text steckt ein Reim, der bei entsprechender Wortumstellung deutlich wird:

IN DER TIT WOR WAR

ANNO 1575 IAR

VP SIMI IW DEN DACH

GRO[T] SCHADEN TO METELE SCHACH

IT IS AL SO VO[R] WAR

ACHTESTIGE HWSE BRANDEN DAR

VPS TIT ERS AN GON DE KERCKEMIS.[SE]

                                                               BRM*

Die wörtliche Übersetzung lautet:

In der Zeit wo war

Anno 1575 Jahr

Auf Simon Judas den Tag

Großer Schaden zu Metelen geschah

Es ist also für wahr

Acht Stiegen Häuser brannten da

Zur Zeit bevor anfing die Kirmess

BRM*

* Von Bramer gedeutet als: Bürgermeister und Rat von Metelen

Demnach brannten am Festtag Simon und Judas (28.10.), einem traditionellen Kirmestermin in Westfalen, das Dorf Metelen nieder. Die Zahl der abgebrannten Gebäude lag, je nach Lesart des Zahlwortes ACHTESTIGE bei 80 (Achtestig) oder 160 (achte Stige = 8 x 20, 1 Stiegen = 20). Das dürfte wohl der größte Teil des damaligen Stiftsdorfes Metelen gewesen sein. Ein sogenanntes „Kollektenbuch“ aus den Jahren 1575 und 1576 mit einem Verzeichnis der Hilfeleistungen für die vom Brand geschädigten ist im Gemeindearchiv in Metelen bis heute erhalten. Schon am 29. Oktober brachten Abgesandte aller umliegenden Ortschaften Hilfsgüter jeder Art. Der Schreiber verzeichnete auf 24 Seiten eines Heftes in niederdeutscher Sprache sorgfältig jeden Eingang mit Angabe der Herkunft.

Die sogenannte Brandtafel ist eingerahmt von Gesimsen und Pilastern mit einer einfachen Dekoration im Renaissancestil. Offensichtlich war die Tafel ursprünglich nicht einfach in die Wand eines Fachwerkhauses eingemauert, sondern gehörte in einen kleinteiligen architektonischen Zusammenhang, etwa einen Erker oder eine große Kamineinfassung.

Die zugehörige „Wappentafel“ mit einer Hausmarke und einer Inschrift in lateinischer und niederdeutscher Sprache (Foto: Andreas Eiynck).

Die zweite Tafel zeigt in der Mitte einen Wappenschild mit einer Hausmarke und den Initialen I L., die bislang nicht aufgelöst sind. Darunter erscheinen zwei Schriftbänder mit der lateinischen Inschrift: IN DEO SPES MEA und der niederdeutschen Übersetzung: MIN HOPNIGE TO GOT (= Meine Hoffnung zu Gott). Bei dieser Tafel fehlt jede architektonische Rahmung, sie könnte aber ebenfalls in eine Rahmung aus Pilastern und Gesimsen eingefügt gewesen sein.

Vermutlich waren die beiden Sandsteintafeln ursprünglich nicht in ein Fachwerkgebäude am Kirchplatz eingebaut, sondern in ein repräsentatives Gebäude. Denkbar wäre das Amtshaus des Dorfes oder auch eines der Stiftsgebäude, die nach der Säkularisation des Stiftes Metelen im Jahre 1811 größtenteils abgebrochen wurden.

Literaturhinweise:

Brahm, Reinhard: Der Kunst auf der Spur im Ortskern von Metelen (Beiträge aus dem Stadtarchiv Metelen 7). Metelen 2006.

Schmülling, Heinrich: Hausinschriften in Westfalen und ihre Abhängigkeit vom Baugefüge (Schriften der Volkskundlichen Kommission im Provinzialinstitut für Westfälische Landes- und Volkskunde 9). Münster 1951, S. 35.