Michael Rosenkötter
Die tiefgreifenden Veränderungen in der Landwirtschaft seit den 1960er Jahren haben nicht zuletzt in persönlichen Erlebnissen und Erinnerungen ihre Spuren hinterlassen. Autobiografien wie zuletzt von Ewald Frie (Ein Hof und elf Geschwister) legen Zeugnis darüber ab. Verändert hat sich seit Ende der 1960er Jahre aber nicht nur die Landwirtschaft: Die 1960er Jahre waren auch die Sattelzeit einer postindustriellen Moderne, die mit dem Wandel von Einstellungen, Werten und Lebensstilen einherging. Nachvollziehbar werden diese Prozesse anhand von Autobiografien wie derjenigen von Ewald Eggert.
In seinen Lebenserinnerungen unter dem Titel „Mein Weg – Vom Fegefeuer ins Paradies“ erzählt er wie seine Eltern, deren fünf Jungen und die auf dem Hof lebenden Tanten den landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschafteten. Neben der Schweinezucht betrieben die Eltern Ackerbau. Der Hof war nicht ihr Eigentum, sondern vom Münsterschen Studienfonds gepachtet. Ewald Eggert erzählt von der mühevollen Arbeit auf dem Hof: so wurden die Runkelrüben zwar maschinell ausgesät, mussten aber manuell ausgedünnt werden. Regelmäßig hatten die Kinder Unkraut zu jäten. Im Herbst wurden die Runkeln aus der Erde gezogen, die Blätter abgestochen und mit der Forke auf die Bockkarre geladen. Große Maschinen machten auf den kleinen Flächen keinen Sinn. Erst Anfang der 1960er Jahre, nach der Flurbereinigung, konnten auf den nun vergrößerten Feldern schwere Traktoren, Mähdrescher und Erntemaschinen eingesetzt werden.
Der Autor berichtet von der Hausschlachtung im Winter, von Nikolaus- und Weihnachtsfeiern, von der Volksschule und der Prügelstrafe, vom Pastor, der ihn aufgrund eines Sprachfehlers nicht Messdiener werden lässt, vom „altberühmten Enniger Markt“ und dem alternativen Schützenfest.
„Die Hölle war meine Kindheit nicht, der Himmel war sie aber wahrlich auch nicht. Demzufolge muss es das Fegefeuer gewesen sein. Im Fegefeuer bestand noch die Chance, aus diesem wieder rauszukommen, wenn man sich entsprechend verhielt. Wer lieb, artig, fleißig und gehorsam ist, kann den Himmel noch erreichen, hörte ich in meiner Kindheit häufig.“