Christiane Cantauw
Fotoalben aus Privatbesitz sind für das ausgehende 19. und das 20. Jahrhundert eine in großen Mengen vorliegende Quelle, die seit etwa zwei Jahrzehnten auch wissenschaftlich stärker wahrgenommen wird. Materialität und Gebrauch, Funktion und Erzählweise wurden und werden dabei in den Blick genommen. Im Rahmen von Tagungen (beispielsweise 2022 zum Thema „Kuratierte Erinnerung: Das Fotoalbum“, Tagung der Kommission Fotografie innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Empirische Kulturwissenschaft in Berlin) wurden Ergebnisse der Forschungen präsentiert und im Nachgang auch publiziert.
Auch wenn täglich Alben weggeworfen werden, so konnte doch eine Vielzahl von Alben unterschiedlicher Provenienz in Archiven und Sammlungen gesichert werden. Ihre Quantität sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich bei privaten Fotoalben um Unikate handelt, die überdies – solange sie in Gebrauch sind – mehr oder weniger starken Veränderungen unterliegen. Das, was der Nachwelt als abgeschlossenes Album vorliegt, hatte während seiner aktiven Nutzung einen prozesshaften Charakter: In einem Zeitraum von mehreren Jahren oder Jahrzehnten wurden Fotografien zusammengetragen, ausgewählt, auf Einzel- oder Doppelseiten angeordnet, bearbeitet, wieder entfernt und neu arrangiert.
Das zeigt sich auch am Beispiel eines 23-seitigen Albums aus dem Personenbestand Schirra, das im Alltagskulturarchiv vorliegt. Das querformatige 28,5 x 19,5 Zentimeter große Fotoalbum besteht komplett aus kartoniertem Papier. Der verstärkte Umschlag ist farbig mit einem Muster aus unregelmäßigen Kreisen in den Farben orange und braun versehen. Als Hersteller/Gestalter des Albums wird im Innenumschlag die Firma Paul Hildebrand/Ed. Mende Nachf. aus Dortmund benannt. Dem Innenumschlag ist auch eine handschriftliche Zueignung zu entnehmen: „Zum Namenstag 1926. Deine Ferdi“.