Beengte Wohnverhältnisse, genervte Eltern, allzu wenige soziale Kontakte, ständig wechselnde Vorgaben im alltäglichen Leben, Schwierigkeiten mit dem Homeschooling, schlechte EDV-Ausstattung – dies und vieles mehr macht das Leben von Kindern derzeit nicht gerade einfach. Da erstaunt es nicht, dass vor wenigen Wochen ein Warnruf der Kinder- und Jugendpsychologinnen und -psychologen durch die Medien ging: Viele Kinder und Jugendliche in Deutschland leiden massiv unter den mannigfaltigen Folgen der Pandemie.
Neben den Schülerinnen und Schülern, deren Situation in den Medien häufig problematisiert wurde, gerieten die jüngeren Kinder, diejenigen, die noch nicht zur Schule gehen, vielfach aus dem Blick. Auch sie leiden – teils massiv – unter der Situation, wie Silvia Schneider, Professorin für Klinische Kinder- und Jugendpsychologie an der Ruhr-Universität Bochum, in einer Meldung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung darlegt. Die Kleinen reagierten vielfach mit diffusen Ängsten, Schlafstörungen und Verhaltensauffälligkeiten auf den Stress ihrer Eltern und der Erwachsenen in ihrem Umfeld, so die Psychologin.
Wie aber beschreiben die Kindergartenkinder und Grundschüler:innen selbst ihre Situation?
Miriam Stölting und Anna Hünker, zwei Mütter aus Münster, haben sich unter dem Titel „Wir sind auch noch da!“ mit der Bitte um Beteiligung an Kinder in Kindergärten, Kitas und (Grund)Schulen gewandt. Was bei der Aktion herausgekommen ist, kann seit dem 24. April 2021 in einer kleinen Freiluftausstellung an einem Bauzaun am Münsterschen Dom angesehen (und teils auch gelesen) werden.
Nach drei Dingen gefragt, die ihnen zu Corona einfallen, nennen sogar diejenigen Kinder, die noch nicht zur Schule gehen vielfach die AHA-Regeln. Das mag an der Anzahl der zu nennenden Dinge liegen; es macht aber auch deutlich, dass in der Öffentlichkeit, in den Einrichtungen und in den Familien gebetsmühlenartig wiederholte Regeln verinnerlicht wurden und nun zum Wissensreservoir auch der Allerkleinsten gehören. In der Annahme, es gehe um die Abfrage von Wissen, nennen sie also Abstand, Hygiene und Atemschutzmaske. Hier spiegelt sich das Verhältnis der Kinder zu den sie befragenden Erwachsenen, deren Spielregeln sie übernehmen und befolgen.
Auch wie das Virus aussieht, ist bei den Allerkleinsten schon allgemein bekannt. Das zumindest dokumentieren eine Vielzahl der Kinderzeichnungen und auch einige Bastelarbeiten.
Viele Bilder und Statements der Kinder, die zum Teil von den Erziehern und Erzieherinnen verschriftlicht wurden, zeigen die kindliche Trauer um den Alltag vor der Pandemie: unbeschwerte Urlaube mit den Eltern, Schwimmbadbesuche, das Spielen mit Freunden und Freundinnen, der Tag im Freizeitpark oder der Besuch bei Opa und Oma – das waren Selbstverständlichkeiten, die nun schmerzlich vermisst werden. Von existenziellen Sorgen, von Tod oder schweren gesundheitlichen Einschränkungen erzählen die von den Kindern gestalteten Nachrichten aus dem Corona-Alltag nicht, wohl aber davon, dass sie sich seitens der Politik und der Öffentlichkeit mehr Beachtung und teils auch mehr Klarheit wünschen.
Was bleibt ist die Erkenntnis, dass der Alltag vor der Pandemie, an den sich auch die Kleineren offenbar noch erinnern können, so schnell nicht wieder kommt: Corona ist gemein!