In aller Munde: das Butterbrot

25.09.2020 Kathrin Schulte

In Form von belegten Brötchen erfreut sich das Butterbrot nach wie vor großer Beliebtheit. Vielerorts fahren sogenannte Frühstückswagen an zentrale Plätze und bieten sie den ArbeitnehmerInnen aus der Umgebung zum Frühstück an. (Foto: Martin Egbert; Archiv für Alltagskultur)

In aller Munde: das Butterbrot

Christiane Cantauw

Am 25. September, dem letzten Freitag in diesem Monat, jährt sich wieder einmal der „Tag des deutschen Butterbrots“, ein Gedenktag, der den Meisten wohl eher unbekannt sein dürfte. Vor 21 Jahren hatte die Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA) diesen Tag initiiert, um für deutsche Agrarprodukte wie Brot und Butter zu werben. Obwohl die CMA 2009 aufgelöst wurde, gibt es am letzten Freitag im September nach wie vor Aktionen, die für das Butterbrot als deutsches Kulturgut werben.

Die jahrhundertealte Tradition der mit Butter bestrichenen Brotschnitten nahm im Nordwesten Deutschlands ihren Anfang, wo gegen Ende des Mittelalters Brotmahlzeiten allmählich zu den klassischen Breimahlzeiten hinzukamen. Begonnen hatte diese Entwicklung in Adelskreisen, nach und nach setzte sie sich dann in weitere Gesellschaftsschichten fort. Zu regionalen Unterschieden war es deshalb gekommen, weil im Norden und Westen die Butter traditionell durch Salzen konserviert wurde. Mit dieser gesalzenen Butter verfügte man über ein Produkt, das sich ideal zum Bestreichen von Brot eignete – die durch Sieden haltbar gemachte Butter, die man in Süddeutschland benutzte, war für solche Zwecke nicht zu gebrauchen.   

Zwischenmahlzeit auf dem Feld, um 1950 (Foto: Dr. Herwig Happe, Archiv für Alltagskultur)

Dass mit Butter bestrichene Brote im 16. Jahrhundert bereits bekannt waren, zeigt sich auch an den Familiennamen. Der Name „Butterbrot“ war besonders im östlichen Westfalen keine Seltenheit. Um 1550 sind für Minden mehrere Personen namens „Butterbrot“ belegt. In Städten des Westfälischen Hellwegs, etwa Soest und Unna, kannte man ebenso wie in Städten des Münsterlandes, wie Warendorf, Familien mit ähnlich lautenden Namen wie Botterbrod oder Botterbroit, während im Süden Deutschlands diese Namen nicht vorkommen.

Ein weiteres Indiz für das Butterbrotessen vor dem 18. Jahrhundert liefern die Inventarlisten von Krankenhäusern. Das Magdalenen-Hospital in Münster etwa hatte um 1500 Bier, Butter, Brot und Käse auf Vorrat, woraus meist ‚Bierbrot‘ zubereitet wurde, ein Brei aus eben diesen Zutaten, der vor allem zur Stärkung dienen sollte. Anhand des Käses jedoch kann man erkennen, dass eben nicht nur dieser Brei verzehrt wurde. Es wurde nämlich nicht mehr nur Weichkäse im Magdalenen-Hospital gelagert, sondern Hartkäse, woraus sich der Schluss ziehen lässt, dass vermehrt Brot mit Butter und Käsescheiben zum Bier gegessen wurde.

Der Brei aus Bier und Brot mit Butter als Fettzugabe war zwar immer noch eine Variante des Krankenhausessens, wurde aber überwiegend von denen verzehrt, die nicht mehr so gut kauen konnten. Menschen, die nicht so schwer verletzt waren oder durch ihr Alter in der Kaufähigkeit eingeschränkt, erhielten höchstwahrscheinlich Brot mit Butter und Käse zu Bier, statt alles in einem Brei vermengt.

Zwischenmahlzeit während der Getreideernte, um 1950 (Foto: Dr. Herwig Happe, Archiv für Alltagskultur)

Zur allgemeinen Akzeptanz des Butterbrotes hat sicherlich beigetragen, dass es im Gegensatz zu Breien gut zu transportieren war. Insofern eignete es sich vor allem für Zwischenmahlzeiten wie die zweite Morgenmahlzeit, die in der Regel am Arbeitsplatz verzehrt wurde. Auf dem Feld, an der Werkbank, im Bergwerksstollen, in der Schule oder bei Verkaufs- und Botengängen war ein Butterbrot schnell bei der Hand und konnte an Ort und Stelle (notfalls auch im Gehen) verzehrt werden. Auch Reste der Brotmahlzeit stellten kein Problem dar, konnten sie doch wieder mit nach Hause gebracht werden und waren als sogenannte „Hasenbrote“ bei Kindern durchaus beliebt.

Seinen Status als deutsches Kulturgut verdankt das Butterbrot nicht zuletzt auch der Aufnahme der deutschen Brotkultur in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes, die 2014 erfolgte. Als zentrales Produkt der Weiterverarbeitung von Brot steht das Butterbrot bei vielen Familien nach wie vor im Mittelpunkt mindestens einer täglichen Mahlzeit. Dabei spielt es keine Rolle, ob es noch mit Butter bestrichen ist, oder diese längst durch Margarine oder einen Obst- oder Gemüseaufstrich ersetzt wurde: Die Bezeichnung „Butterbrot“ gilt auch für solche Speisen.     

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Schlagworte: Christiane Cantauw · Nahrung