Einblicke in die Sammlung „Weihnachten“ des Archivs für Alltagskultur
Dörte Hein
Zugegeben ein wenig außergewöhnlich ist es schon, sich bereits im Mai dem Weihnachtsfest zu widmen. Doch Archivalien sind ja schließlich keine „Saisonware“, die es nur verdient zum passenden Zeitpunkt in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt zu werden. Daher setzen wir uns über die saisonalen Gepflogenheiten hinweg und stellen eine bemerkenswerte Sammlung vor, die im Archiv für Alltagskultur bislang noch nicht erschlossen wurde, aber dennoch für die Nutzung zugänglich ist.
Die 22 Archivkartons umfassende Sammlung „Weihnachten“ wurde Anfang der 1970er Jahre von dem damaligen Geschäftsführer der Volkskundlichen Kommission, Dietmar Sauermann, begonnen. Er zog diese partiell als Quellengrundlage für zwei seiner Veröffentlichungen heran. („Weihnachten in Westfalen um 1900“ (1976); „Von Advent bis Dreikönige. Weihnachten in Westfalen“ (1996)).
Die Sammlung „Weihnachten“ im Archiv für Alltagskultur birgt wahre Quellenschätze, die es verdienen, genannt und vorgestellt zu werden, nicht zuletzt um Interesse für weitere Untersuchungen zu wecken.
Allein in elf Archivkartons befindet sich eine Zusammenstellung von Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln, Broschüren, Handzetteln und Prospekten zu Themen wie Advent, Backen, Basteln, Beleuchtung, Erzählungen und Lieder, Familie, Festessen, Spendensammlungen, Weihnachtsurlaub, Weihnachtsmärkte und vieles mehr. Auch liegen Fragebögen zu „Weihnachtsmärkten in Westfalen“ von Umfragen in den Kommunen aus den Jahren 1979, 1995 und 1999 bei, die Aufschluss über das Gründungsjahr, den zeitlichen und räumlichen Umfang der Märkte, Begleitveranstaltungen sowie die Motivation der Veranstalter geben. Eine erste Auswertung der Umfrage 1979 erfolgte bereits in dem im November/Dezember herausgegebenen Rundschreiben des Westfälischen Heimatbundes von 1980. Hier berichtet Dietmar Sauermann von der im Jahr zuvor von der Volkskundlichen Kommission initiierten Fragebogenaktion, an der 180 der 230 angeschriebenen Städte und Gemeinden Westfalens teilnahmen.
Eine Besonderheit der Sammlung bilden zwei mit zahlreichen Briefen bestückte Archivkartons, die aus einer von der Neuen Ruhr Zeitung veranstalteten Leseraktion resultieren. In Beantwortung der Frage „Kennen Sie alte Weihnachtslieder?“ gingen Ende 1980 unzählige Lieder, Gedichte und Kurztexte bei der Zeitungsredaktion ein. Diese stammten aus mündlichen Überlieferungen innerhalb der Familie, aus antiquarischen Texten oder den Erinnerungen der jungen wie auch älteren Leserschaft. Möglicherweise von dem „Ansturm“ auf die Redaktion überwältigt, wurden damals einige der Briefe nicht geöffnet. Dies wurde bei der jüngsten Sichtung des Materials im Archiv erst einmal nachgeholt. Aus datenschutzrechtlichen Gründen sind die Briefe vorerst allerdings nur anonymisiert auswertbar.