Das Einjährige
Christiane Cantauw
Eine aus Warendorf überlieferte „Bierzeitung der Einjährigen 1927“ im Archiv für Alltagskultur erinnert an einen fast vergessenen Begriff, der im 21. Jahrhundert nicht mehr geläufig ist. Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein kann die Bezeichnung dagegen als bekannt vorausgesetzt werden. Dies ist umso erstaunlicher, als der Bedeutungszusammenhang, in dem sie ursprünglich stand, seit 1918 nicht mehr vorhanden war. Wort und Sache gingen – wie so oft in der Geschichte – getrennte Wege und auch wenn es die Sache nicht mehr gab, so erwies sich das dazugehörige Wort - nun in anderem Zusammenhang - noch viele Jahrzehnte lang als überlebensfähig.
Ursprünglich kommt die Bezeichnung „Einjähriges“ aus dem Bereich des Militärs. Als „Einjährige“ oder „Einjährig-Freiwillige“ bezeichnete man dort diejenigen jungen Männer, die sich nach Abschluss der mittleren Reife freiwillig zum Militärdienst gemeldet haben. Die Möglichkeit zum Einjährig-Freiwilligen Militärdienst wurde in Preußen 1814 geschaffen. Schülern, die die Klasse 10 eines Gymnasiums oder einer kaufmännischen Realschule mit Erfolg abgeschlossen und somit die mittlere Reife erlangt hatten, wurde damit die Möglichkeit eröffnet, ihre Militärdienstzeit zu verkürzen. Die gängige Bezeichnung für diese Soldaten war „Einjährige“ oder „Einjährig-Freiwillige“.