Das Freigericht „zum Assenkamp“ an der 1000jährigen Eiche in Erle

18.08.2023 Marcel Brüntrup

Die Femeeiche von Erle gilt als einer der ältesten Bäume Deutschlands (Foto: Andreas Eiynck).

Andreas Eiynck

Das Freigericht „zum Assenkamp“ tagte im Dorf Erle bei Raesfeld an einer mächtigen Eiche, die schon zur Zeit Karls des Großen ein ausgewachsener Baum gewesen sein muss, denn ihr Alter wird auf weit über 1000 Jahre geschätzt. Damit ist die sogenannte Femeeiche von Erle einer der ältesten Bäume Deutschlands. Sie markiert seit Jahrhunderten den Erler Freistuhl, genannt „den vrien Stoel tum Assenkampe“, dem alle Freien aus den Kirchspielen Erle, Raesfeld, Rhade, Holsterhausen und Alt-Schermbeck zugeordnet waren.

Der alte Baumriese muss mit Hilfe zahlreicher Balken abgestützt werden (Foto: Andreas Eiynck).

Der Freistuhl in Erle gehörte als Lehen der Grafen von Ravensberg zur Freigrafschaft Heiden. Menzo von Heiden wurde 1317 mit der „cometia de Heidene“ belehnt, verpfändete die Gerichtsbarkeit jedoch an den Grafen von Kleve. 1372 wurde das Gericht nach einer Fehde den Herren von Raesfeld übertragen, die fortan den Richterstuhl besetzten. Der Freigraf Bernt de Duiker verfemte hier 1441 den Adeligen Geert von Diepenbrock und zwei seiner Knechte wegen Mordes an einem Schöffen. Da die Angeklagten der Vorladung nach Erle nicht gefolgt waren, wurden sie – dem Rechtsbrauch der Feme entsprechend – in Abwesenheit verurteilt und für vogelfrei erklärt. Sie waren damit nirgendwo mehr vor der Todesstrafe sicher – wenn sie nicht durch ein anderes Freigericht ein milderes Urteil erwirken konnten.

Das Freigericht in Erle verlor im 16. Jahrhundert einen Großteil seiner Zuständigkeiten und wurde gegen Ende des 18. Jahrhunderts schließlich aufgelöst. Erhalten blieb die „Femeeiche“. Vor etwa zweihundert Jahren entfernte man das morsche Holz aus dem Inneren ihres mächtigen Stammes, so dass der Baum nun begehbar wurde. 1819 ließ der spätere König Friedrich Wilhelm von Preußen bei einem Manöver 36 Infanteristen in voller Montur im Stamm der Eiche Aufstellung nehmen und 1854 speiste hier der Bischof von Münster mit elf weiteren Geistlichen an einer runden Tafel im Inneren der Eiche. Sturm und Schrägwuchs schädigten den Baumriesen in den folgenden Jahrzehnten so stark, dass der Stamm 1892 abgestützt und mit Eisenringen gesichert werden musste. Seitdem wird der Baum regelmäßig von Experten gepflegt.

Ein Denkmal mit den Symbolen der Feme erinnert an den einstigen Gerichtsplatz (Foto: Andreas Eiynck).

Der Heimatverein Erle richtete 2006 die historische Gerichtsstätte mit einer Reihe von Findlingen als Gerichtsplatz her. Auf dem Richtertisch liegen ein Schwert und ein Strick, die Symbole der Femegerichtsbarkeit. Die kleineren Steine stehen stellvertretend für die Gerichtsschöffen. Hier werden für Besuchergruppen auf Anmeldung auch historische Gerichtsszenen von Laiendarstellern nachgespielt. Für Einzelbesucher ist der Gerichtsplatz mit Hinweis- und Erläuterungstafeln ausgeschildert.