Das Tecklenburger Land vor 250 Jahren

29.05.2020

Einband der Publikation "Tecklenburg um 1750" von Sebastian Schröder

Neues Buch zur Geschichte der Grafschaft Tecklenburg erschienen

Christof Spannhoff

Verwaltungsberichte – für die einen der Inbegriff tödlicher Langeweile, für die anderen faszinierende Informationsquelle. Letzteres gilt vor allem dann, wenn diese Dokumente bereits über 250 Jahre alt sind und einen tiefen Einblick in Vergangenheit und Lebenswelt unserer Vorfahren geben. Wie spannend das Eintauchen in solches historische Verwaltungsschriftgut sein kann, zeigt die aktuelle Veröffentlichung von Sebastian Schröder zum Tecklenburger Land. Herausgegeben wurde das 252 Seiten umfassende Buch mit dem Titel „Tecklenburg um 1750“ von der „Forschungsgemeinschaft zur Geschichte des Nordmünsterlandes e.V.“ als erster Band in der neuen Reihe „Nordmünsterland-Studien“.

Der in Münster arbeitende Autor ist Landeshistoriker und ausgewiesener Kenner des 18. Jahrhunderts, arbeitet aber zeitlich breit (1500–1800) mit den Forschungsschwerpunkten der Stadt-, Kirchen- und Adelsgeschichte, dem historischen Verhältnis zwischen Stadt und Land sowie der frühneuzeitlichen Herrschafts- und Verwaltungsgeschichte des preußischen Westfalens.

Für die vorliegende Publikation hat er sich mit zwei umfangreichen amtlichen Landesbeschreibungen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts beschäftigt, in denen der preußische Kriegs- und Domänenrat Ernst Albrecht Friedrich Culemann (1711–1756) aufmerksam seine Beobachtungen notierte. Diese hatte er in den 1740er- und 1750er-Jahren während seiner dienstlichen Reisen in die Grafschaft Tecklenburg gesammelt. Erhalten haben sich davon die „Geographia Tecklenburgensis“ und das „Bereisungs-Protocollum der Graffschafft Tecklenburg“. Beide Handschriften werden in Schröders Buch erstmals zusammen veröffentlicht und in den historischen Kontext eingeordnet. Die Themenvielfalt, die die Berichte des Beamten Culemann bieten, ist erstaunlich groß: Wirtschaft und Verwaltung, Gesellschaft und Politik, Religion und Glaube, Landschaft und naturräumliche Bezüge sind nur einige Aspekte. Daneben kommen auch viele Einzelschicksale von Bauern und Bürgern aus Ladbergen, Ledde, Leeden, Lengerich, Lienen, Lotte, Schale, Tecklenburg, Wersen und Westerkappeln, aber auch anderen Orten des Tecklenburger Landes zur Sprache.

Beide Niederschriften sind heute wichtige landesgeschichtliche Quellen, die aber bisher keine nennenswerte Berücksichtigung gefunden haben. Neben der Edition der handschriftlichen Aufzeichnungen ordnet Schröder sie ausführlich in ihren historischen Kontext ein. Dabei präsentiert er einerseits den Verfasser E. A. F. Culemann und bietet andererseits einen Abriss der Verwaltungsgeschichte der Grafschaft Tecklenburg im 18. Jahrhundert, den es bisher noch nicht gab. Der Verfasser beleuchtet damit das Verwaltungshandeln eines Gebietes, das seit dem Jahr 1707 faktisch unter brandenburg-preußischer Herrschaft stand, unter der Frage: Wie kamen die zuständigen Verwaltungsbehörden in Minden und Berlin eigentlich an ihre Informationen, um Herrschaft vor Ort umsetzen zu können? Die Quellen sind dabei alles andere als trockene, blutleere Verwaltungsschriften. Durch ihre Auswertung kann Schröder ein vielschichtiges Bild der Tecklenburger Verwaltung, Gesellschaft und Wirtschaft zeichnen. Der Leser gewinnt somit einen einmaligen Einblick vom Zustand der Grafschaft Tecklenburg Mitte des 18. Jahrhunderts. Denn: Quod non est in actis, non est in mundo – Was nicht in den Akten steht, ist nicht in der Welt!

 

 

Zum Thema

Das Buch von Sebastian Schröder, Tecklenburg um 1750. „Geographia Tecklenburgensis“ und „Bereisungs-Protocollum“ des preußischen Kriegs- und Domänenrats Ernst Albrecht Friedrich Culemann, Lage 2019, 252 Seiten, ISBN 978-3-89918-075-6, 17,90 Euro ist bei der Forschungsgemeinschaft zur Geschichte des Nordmünsterlandes e.V., dem Lippe-Verlag oder bei der Buchhandlung Howe in Tecklenburg erhältlich.