Das Ergreifen des Kesselhakens als Zeichen der Verfügungshoheit über die symbolische Mitte des Hauses, das Herdfeuer, wird in vielen Protokollen zur Besitzergreifung in der frühen Neuzeit erwähnt. Umrahmt wurde es häufig durch weitere symbolische Handlungen. So verlief die Besitzergreifung eines Hauses in der Kleinstadt Ramsdorf bei Borken im Jahre 1663 in insgesamt acht Schritten. Sie begann mit (1) dem Öffnen und Schließen der Haustür, (2) dem Auf- und Niederlassen des Kesselhakens sowie (3) dem Auslöschen und Wiederentzünden des Herdfeuers. Dann folgten das in die Hand nehmen (4) eines Holzsplitters aus einem Pfosten des Hauses sowie (5) eines Stückes Lehm aus der Diele. Im Garten steckte der neue Besitzer (6) einen Stock in die Erde, grub (7) einen Kohlstrunk aus und (8) brach einen Zweig von einem Baum ab.
Das Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte definiert eine solche symbolische Besitzergreifung unter dem Begriff Besitzeinweisung wie folgt: „Die Besitzeinweisung brachte den Besitz- und Grunderwerb des Übernehmers zum Ausdruck. Sie war ein solemner Apprehensionsakt [= förmlicher Ergreifungsvorgang], der rechtsförmlich vollzogen wurde. Der Erwerber nahm aus der Hand des Veräußerers einen zur handhaften Übergabe tauglichen Grundstücksteil (bei ländlichen Grundstücken: Scholle, Torf, Zweig, Rasenstück) entgegen [… ]. Den Besitz eines Hauses konnte der Übernehmer durch förmliches Betreten der Türschwelle oder durch Entgegennahme eines entsprechenden Traditionssymbols (Türpfosten) erwerben.“
Die verschiedenen symbolischen Handlungen einer förmlichen Besitzergreifung sind, in unterschiedlichen Kombinationen, in zahlreichen Notariatsprotokollen aufgeführt, und zwar in Stadt (Münster 1637) und Land (Hollich 1695), bei Adelssitzen (Schwakenburg 1716) und Pfarrhäusern (Emsbüren 1684), ja sogar bei der Übernahme einer Landesherrschaft in nördlichen Westfalen (Grafschaft Steinfurt 1632).
Die sehr aufwendige Besitzergreifung der Grafschaft Steinfurt ist für das Jahr 1632 protokolliert, als Graf Wilhelm Heinrich von Bentheim, Erbe der Grafschaft Steinfurt, ohne Hinterlassung von Kindern starb. Sofort erhoben zwei seiner Neffen aus dem Hause Bentheim-Tecklenburg Anspruch auf die Herrschaft Steinfurt, obwohl dies dem Inhalt eines Erbvertrages aus dem Jahre 1487 eindeutig widersprach. Laut diesem Vertrag war nämlich ihr Onkel Arnold Jobst von Bentheim zu Bentheim als rechtmäßiger Erbe in Steinfurt anzusehen. Dies hielt die jungen Grafensöhne aus Tecklenburg jedoch nicht davon ab, eine förmliche Besitzergreifung in Steinfurt durchzuführen und notariell protokollieren zu lassen.
Am 6. Oktober 1632 machte sich in Tecklenburg eine Kommission, bestehend aus dem Drosten, einem Burgmann, einem Hofrat und mehreren Juristen, auf den Weg, um die Steinfurter Güter einzeln und der Reihe nach förmlich in Besitz zu nehmen. Die rechtlichen Handlungen begannen im Kirchspiel Borghorst auf dem Steinfurter Bauernhof Schulze Marquarding. Dort wurde den Hausbewohnern zunächst der Todesfall des Steinfurter Grafen angezeigt und dann der Erbanspruch des Hauses Bentheim-Tecklenburg verkündet. In dessen Namen wurde sodann das Feuer am Herd gelöscht und wieder angezündet, der Kesselhaken ergriffen und ebenso die Schließvorrichtung am Hoftor. Dann wurde ein Zweig von einem Baum abgebrochen, ein Erdkluten aufgenommen und ein Zaunstaken aus der Garteneinfriedung herausgebrochen. Gleiches wiederholte die Kommission auf sämtlichen Bauernhöfen und in allen Bauernhäusern der Herrschaft Steinfurt und ließ dies Hof für Hof zu Protokoll nehmen.
Besondere Grundstücke des gräflichen Hauses ergriff man durch das Öffnen und Schließen des Schlagbaums und der daran angebrachten Schlösser, das Abbrechen eines Strauches oder eines jungen Baumes sowie das Ausgraben eines Erdklutens. Ähnlich verfuhr die Kommission in der gräflichen Ziegelei, wo die Herren zusätzlich einen frisch gebrannten Backstein und eine Dachpfanne zerbrachen. An der gräflichen Kornmühle wurde die Tür geöffnet und geschlossen sowie das Stauwehr auf- und wieder zugezogen.
Das Schloss Steinfurt nahmen die Kommissäre auf die geschilderte Weise ebenfalls in Besitz und am Ende auch noch den Steinfurter Witwensitz auf dem Schloss in der kleinen Herrschaft Gronau, dort unter „Ergreifung des Haels aufm Herde, Außhauung eines Stücklein Holtzes auß des Hauses Post und Delen, eines Zweiges vom Baum und Erdklutens aus dem Hof und Lande.“ Die aufwendige Prozedur erwies sich im Übrigen als juristisch erfolglos, denn auch eine noch so förmliche Besitzergreifung blieb gegenüber dem Erbvertrag von 1487 am Ende rechtlich wirkungslos.