Stephan Sagurna
Eine Kunstpostkarte als Teil eines fotografierten Schreibtischszenarios - die Karte zeigt kreisrund angeordnete Punkte, rot-orange, teils grau, auf schwarzem Grund. Warmtonig, orbikular und in der Ästhetik der 1970er Jahre vermittelt das zentrale Postkartenmotiv eine in sich geschlossene, harmonische Farbkomposition auf Grundlage einfachster Gestaltungsmittel – Punkt und Kreis.
Die bunte (gelaufene) Karte stammt aus dem Museumsshop der Städtischen Galerie Iserlohn. Ihr Bildmotiv zeigt eine sogenannte Kombinatorische Fotografie, genauer gesagt, eine Reproduktion der Kombinatorischen Fotografie Nr. 280 von Alfons Eggert (1928 – 2021). Begleitend zur Ausstellung „Alfons Eggert. Kombinatorische Fotografie – 1972. Apparative Kunst, Algorithmen und Abstraktion“, die im Herbst 2019 (13. September bis 03. November 2019) in der Städtischen Galerie Iserlohn präsentiert wurde, gelangte dieses und zwei weitere Postkartenmotive in den Verkauf.
Empfängerin der ‚Kombinatorischen Postkarte‘ ist die Kommission Alltagskulturforschung für Westfalen. Anlass der Korrespondenz: eben dieser Blog-Beitrag über die Kombinatorische Fotografie, den ich mit dieser Karte bereits im vergangenen Sommer angekündigt habe. Die Postkarte sollte dabei nicht nur der Blog-Redaktion gegenüber das heutige Thema kommunizieren, sondern auch als ‚Aufmachermotiv‘ einen visuellen Einstieg in ein fotohistorisches Thema bieten.
Der Erfinder
Alfons Eggert, der als Landwirt nie eine Kunstakademie besucht hat, übernahm seine Leidenschaft für die Fotografie von seinem Vater, der bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts aktiv fotografiert hat. Ab den 1950er Jahren begann der technikaffine Eggert junior mit unterschiedlichen Kameramodellen selbst zu fotografieren. Es folgten fototechnische und ästhetische Experimente, mit denen er während der 1960er Jahre die Möglichkeiten des Mediums auslotete und die ihn schließlich zum Konzept der Kombinatorischen Fotografie führten. Im Jahr 1972 erfolgte die Patentanmeldung „einer Vorrichtung zur Herstellung von kombinatorischen fotografischen Bildern“. Erfüllt von der Suche nach einer Kombination von technischer und gestalterischer Kreativität gelang Alfons Eggert damit außerdem der Spagat zwischen Verantwortung und Pflichten auf dem landwirtschaftlichen Hof im Münsterland und der Begeisterung für die Fotografie.
Seine Schwester Hedwig kommentierte diesen Umstand damals wie folgt: „Du hiärs biätter maol de Spinnekobben in’n Stall wegmaakt [Du hättest besser mal die Spinnenweben im Stall weggemacht]“.
Für seine fotografisch-ästhetischen Experimente wurde Eggert 1978 schließlich in die Deutsche Gesellschaft für Photographie (DGPh) berufen.