Annegret Arnhölter
Vor 90 Jahren prägten politische Unruhen das Tagesgeschehen. Nationalsozialisten provozierten den Rechtsstaat mit uniformierten SA-Aufmärschen und Hetzparolen. Sozialdemokraten versuchten dagegenzuhalten, organisierten sich im Reichsbanner – einem politischen Verband zur Wahrung der Demokratie. Gegenseitige Drohgebärden und Prügeleien waren an der Tagesordnung. Der von Hindenburg kommissarisch eingesetzte Reichskanzler von Papen agierte hilflos ohne eigene Mehrheit mit Notverordnungen, wie z. B. mit der Verordnung „gegen den politischen Terror“ vom 9. August 1932, die die Einführung von Sondergerichten an den Landgerichten vorsah.
Herforder Zeitungen jeder Couleur berichteten am 29. August 1932 ausführlich über einen Prozess des Sondergerichts am Landgericht Bielefeld. Besonders lebendig ist die Schilderung des Verfahrens vom Berichterstatter der ‚Volkswacht – Organ der Sozialdemokratie für das östliche Westfalen‘. In dem Artikel „Die ‚Schlacht‘ bei Exter vor dem Sondergericht“ hebt er hervor, dass dieses Mal, anders als üblich, nicht die Vertreter der Arbeiterklasse sondern drei Nazigrößen vor Gericht standen, die des Landfriedensbruchs und schwerer Körperverletzung angeklagt wurden.
Verhandelt wurden am 27. August 1932 vor dem Sondergericht mehrere politische Zwischenfälle aus dem Kreis Herford, einer spielte sich in Exter und an Exters Grenze in Schwarzenmoor am 19. April ab: Die Sozialdemokratische Partei hatte zu einer Kundgebung in die Gastwirtschaft Knöner in Exter eingeladen. Zum Schutz des Vortragenden machten sich etwa 50 bis 60 Angehörige des „Reichsbanner“ zu Fuß von Herford, Salzuflen und Schwarzenmoor auf den Weg nach Exter. Ebenfalls aus Herford hatten sich über 20 Angehörige der SA per Fahrrad auf den Weg gemacht, um an dieser Veranstaltung teilzunehmen. Bereits auf dem Hinweg kam es zu Drohungen, so dass die Stimmung aufgeheizt war, als man in Exter ankam.
Wahrscheinlich waren es die Wirtsleute, die den örtlichen Polizisten riefen, um eine ‚Saalschlacht‘ zu verhindern. Der Ortsgendarm entschärfte die Situation, indem er die Versammlung kurzerhand auflöste. Begründung: Sie sei nicht rechtzeitig angemeldet, daher nicht genehmigt und könne deshalb nicht stattfinden. Die Reichsbanner-Leute kehrten um, während die Nationalsozialisten erst noch verweilten und bei einem Bier über ihr weiteres Vorgehen berieten.
Mit ihren Fahrrädern hatten sie die vorausgegangene Gruppe bald eingeholt. In einer Mergelkuhle nahe der jetzigen Autobahnauffahrt Herford Ost kam es zur tätlichen Auseinandersetzung. Zunächst bewarfen sich die gegnerischen Parteien mit Steinen, dann prügelten sie aufeinander ein. Es kam auf beiden Seiten zu Verletzungen, Spazierstock und Gummiknüppel kamen zum Einsatz. Nach einigen Minuten war der Spuk vorbei, die SA reklamierte den Sieg für sich.