Andreas Eiynck
Ein alter Brauch in Lingen ist das „Eierpicken“ und „Eierkollern“ am Ostermontag. Dabei werden an kleinen Hügeln („richtige“ Berge gibt es hier nicht) kunstvolle Rollbahnen für die Ostereier angelegt. Gewinner ist, wessen Ei am weitesten rollt. Die Bandbreite reicht von simplen Bahnen für die kleinen Kinder bis zu raffiniert angelegten Anlagen mit Viadukten, Steilkurven und Schikanen, die von den Größeren gebaut werden.
Beim „Eierpicken“ werden hartgekochte Eier aneinandergeschlagen. Dabei bleibt in der Regel ein Ei unbeschädigt. Der Besitzer dieses Eies ist der Gewinner und bekommt das beschädigt Ei. Mancher Sieger ist allerdings nur dank des Einsatzes von einem Gipsei erfolgreich. Peinlich, wenn er dabei ertappt wird.
Bis in die 1960er Jahre war das Eierpicken im Saalbetrieb Wilhelmshöhe in Lingen das reinste Volksfest. Draußen in dem hügeligen Gelände wurden 1000 gefärbte Eier zum Verkauf bereitgestellt. Zur Unterhaltung spielte eine Musikkapelle, „Mandel Grimmer“ aus Hamburg baute einen Verkaufsstand auf. Denn an diesem Tag kamen hunderte von Besuchern. Abends war dann der Osterball im Saal, auch der war in der Regel gut besucht und der Saal brechend voll. Durch Zeitungsinserate und Zeitzeugenberichte ist belegt, dass das „Eierpicken“ auf der Wilhelmshöhe schon im 19. Jahrhundert allgemein bekannt war.
Mit dem Pächterwechsel des Saalbetriebes in den 70er Jahren ist dieser organisierte Ostertreff verschwunden. Aber in vielen Lingener Familien gehören „Eierpicken“ und „Eierkollern“ nach wie vor zu jedem Osterfest. An die Stelle des Osterballs sind flotte Partys getreten, die nach dem abendlichen Osterfeuer beginnen und ihrem Namen „Osterfire“ alle Ehre machen.