Ein Kötter baut ein großes Haus
oder: Die Strafjustiz der Bauerschaften
Sebastian Schröder
1655: In der zur Grafschaft Ravensberg gehörigen Bauerschaft Holzhausen (heute Preußisch Oldendorf-Bad Holzhausen) griffen deren Mitglieder zu Äxten und Beilen. So ausgerüstet zogen sie, angeführt von ihren Vorstehern Johann Wessling und Berendt Becker, in das „Holzhauser Holz“ im äußersten Westen des Ortes. Dort befand sich eine Häusergruppe, deren Besitzer seit dem 15. Jahrhundert die ursprünglich gemeinen Markengründe gerodet und sich auf dem urbar gemachten Land niedergelassen hatten – sogenannte Markenkötter. Diese bäuerliche Gruppe genoss allerdings nur eingeschränkte Rechte in der Bauerschaft und den Gemeinheitsländereien (Mark). Zu den örtlichen Markenköttern zählte auch David Vincke. Sein Gehöft war das Ziel der wehrhaften Truppe.
Doch was veranlasste die Bewohner der Bauerschaft, Vinckes Wohnort aufzusuchen – und noch dazu mit einer bedrohlichen Ausrüstung? Johann Wessling selbst ließ später dazu protokollieren: An die Stelle seines vormaligen Hauses habe Vincke ein neues Gebäude errichtet, das das alte in seiner Größe deutlich übertreffe. Vinckes Behausung gleiche der eines großen Meierhofes, dabei sei Vincke aber nur ein geringer Kötter! Neben sein stattliches Haus habe er zudem einen Stall und eine Scheune gebaut – und das auf gemeinen Markengründen. Ferner habe er das zum Bau benötigte Holz aus der Mark gestohlen und dabei nur die schönsten Bäume und Buchen ausgewählt, um daraus Latten zu schneiden. Solch ein Verhalten schade nicht nur der ganzen Mark, ereiferte sich der Vorsteher, sondern vor allem breche Vincke mit hergebrachten Gewohnheiten. „Mit seinen unwahrhafften gedichten“ führe Vincke die Bauerschaft an der Nase herum. Auf den Befehl, die Gebäude wieder abzubrechen, reagiere der Markenkötter nicht. Daher habe die gesamte Bauerschaft beschlossen, ihn nach altem Herkommen zu bestrafen. Kurzum: Vincke sei ein „hochtrabender“ und „eigenmuhtiger“ Mensch.