Früher war alles besser
Künstlerische Interventionen der Klasse Löbbert im Mühlenhof-Museum, Münster
Christiane Cantauw
Ein Freilichtmuseum mit jahrhundertealten Gebäuden und Inventar aus dörflich-bäuerlichem Alltag und eine Kunstklasse der weit über die Grenzen Münsters bekannten Kunstakademie Münster – wie geht das zusammen? Die Antwort ist: So gut, dass man sich mehr von dieser Melange wünscht!
Von der Wirkung der künstlerischen Interventionen von 21 Studierenden der Klasse Löbbert in und zwischen den alten Gebäuden des Mühlenhofes konnten sich die Freunde der Kunstakademie Münster am 17. Juli 2019 persönlich überzeugen. Eine Führung durch Professor Löbbert und einige der Studierenden zu den teils ein wenig versteckten Arbeiten bot spannende Einblicke in die künstlerische Auseinandersetzung mit einem aus dieser Warte eher ungewöhnlichen Ort.
Gleich am Eingang des Museums begegnen die Besucherinnen und Besucher einer Arbeit von Yoana Tuzharova, deren „Volksfachwerkwagen“ die Themen „Fachwerk“ und „Volkswagen“ – genauer ein VW-Golf 1 – zusammenbringt. Spannend, wie organisch der PKW vor den Fachwerkhäusern des Museums wirkt. Findet hier der Wunsch nach Homogenität, der das von Theo Breider zusammengestellte Gebäudeensemble prägt, seine Entsprechung in einem Gefährt, welches eigentlich überhaupt nicht in diese stillgestellte, historisierende Welt hineinpassen will? Und welche Rolle spielt eigentlich Tradition außerhalb des Museums – z.B. bei der Vorliebe für einen bestimmten Fahrzeugtyp? – Dies sind nur einige der Fragen, die sich hier aufdrängen und die zu Diskussionen anregen.
Wer den Volksfachwerkwagen erst auf den zweiten Blick als künstlerische Arbeit und nicht zum Museum zugehörig erkennt, der hat den Sinn der künstlerischen Interventionen bereits begriffen. Sie sind Stolpersteine beim Gang durch das Museum, indem sie mit den Erwartungen der Besucherinnen und Besucher brechen. Teils zwingen sie zum Nachdenken über das scheinbar offensichtliche, teils sprechen sie eine Wahrheit hinter dem Gezeigten an, indem beispielsweise das Thema Frauenarbeit auf dem Land und die aus der harten Arbeit resultierende körperliche Erschöpfung thematisiert werden. Ein solches Thema gegen das pittoreske Dorfensemble und die hübschen Bauerngärten mit künstlerischen Mittel zu verteidigen, hat sich Julia Ziomkowska mit ihrer Arbeit Aushalten vorgenommen.