Geld & Glaube in Judentum, Christentum und Islam. Eine Sonderausstellung im RELíGIO-Museum, Telgte

08.06.2021 Dorothee Jahnke

Wunschzettel zeigen die denkbar enge Verbindung von Geld und Glauben. Hier ein Exemplar aus dem beginnenden 20. Jahrhundert. Foto: Christiane Cantauw, Kommission Alltagskulturforschung.

Christiane Cantauw

 

Mit der Sonderausstellung Geld & Glaube nähert sich das RELíGIO-Museum in Telgte einer Thematik an, die mit Fug und Recht als Spannungsfeld bezeichnet werden kann. Die Frage nach der Bedeutung von und dem Umgang mit irdischem und transzendentem Besitz, kann (und wird) kulturhistorisch beantwortet (werden), verlangt aber auch den Ausstellungsbesucher:innen eine Positionierung ab.

Das zeigt sich gleich zu Beginn der Ausstellung: Die Besucher:innen sollen sich entscheiden, welche eigenen und fremden Bedürfnisse sie mit den vier Euro-Münzen (aus Kunststoff), die sie an der Kasse erhalten haben, befriedigen möchten. Soll man (symbolisch) Geld ausgeben für das Auto oder den Urlaub oder ist das Geld beim Grünen Halbmond, der sonntäglichen Kollekte oder bei UNICEF besser aufgehoben? Was bedeutet mir der „schnöde Mammon“ (woher kommt dieser Begriff überhaupt?) und was hat das mit meinen Überzeugungen und meinem Glauben zu tun? Stellen die in der Ausstellung betrachteten abrahamitischen Religionen für Gläubige Handlungsoptionen bereit, wenn es darum geht, mit ihrem Geld Bedürftige zu unterstützen oder es für individuelle oder überindividuelle religiöse Ziele auszugeben? Und was wird hier genau als Tauschwert gegen Geld angeboten?

Eine Vielzahl an privaten und öffentlichen Leihgebern trägt zur Anschaulichkeit der Ausstellung bei. Leihgaben wie diese Thora-Rolle von der Jüdischen Gemeinde in Osnabrück zeigen die Vorgaben der Glaubenslehre für den Umgang mit Geld. Foto: Christiane Cantauw, Kommission Alltagskulturforschung.

Diesen und vielen weiteren Fragen widmet sich die kleine, aber feine Schau, ohne dass immer und überall bereits abschließende Urteile angeboten werden. Das ist nicht zuletzt der Vorteil der kulturhistorischen Herangehensweise, die Veränderungsprozesse und historische Vorstellungswelten präsentieren und zur Diskussion stellen kann. So wird klar, dass Geld und Glaube letztlich getrennt voneinander bestehende Wertesysteme benennen, die über eine verhältnismäßig große Schnittmenge verfügen. Das wird etwa bei den Beispielen aus dem Bereich der Numismatik deutlich, die zeigen, dass Münzen seit der Antike genutzt wurden, um religiös zu agitieren. Anhand einiger Münzen lässt sich andersherum aber auch zeigen, dass aus religiösen Zuschreibungen durch Münzprägung auch pekuniärer Gewinn geschlagen werden konnte.

Die Idee zur Ausstellung stammt von Sebastian Steinbach und Anja Schöne; die Umsetzung wurde durch das Büro Dr. Herrmanns realisiert. Zahlreiche öffentliche und private Leihgeber wie das Jüdische Museum Dorsten, das LWL-Museum für Kunst und Kultur oder die Staatlichen Museen zu Berlin, um nur einige wenige zu benennen, haben dazu beigetragen, dass auch ungewöhnliche und beeindruckende Objekte wie eine großformatige Thorarolle aus dem 19. Jahrhundert, ein Pestamulett und ein keltisches Regenbogenschüsselchen gezeigt werden. Interesse wecken daneben aber auch die weniger seltenen, alltäglichen Ausstellungsgegenstände wie Wunschzettel von Kindern, Spendentüten, Patentaler-Dosen oder die vielen verschiedenen Sammelbüchsen.

Der Bonifatius-Sammelverein sammelte mit Sammeldosen wie dieser Spenden für die Diaspora-Gemeinden. Foto: Christiane Cantauw, Kommission Alltagskulturforschung.

Ein Thema, das weitgehend ausgespart wird, ist die Frage nach der Verwendung der Steuer- und Spendengelder durch die verschiedenen Religionsgemeinschaften. Die „goldene Badewanne“ des Limburger Erzbischofs findet eingangs zwar Erwähnung, in der Ausstellung bleibt dieses brisante Thema allerdings unberührt. Das ist insofern schade, als die Frage des Umgangs mit Finanzmitteln bei der katholischen Kirche (und nicht nur dort) auch historisch gesehen schon für Diskussionsstoff gesorgt hat. Hier zieht sich die Schau auf die Darstellung des Ablasshandels zurück, der – das ist richtig – beispielhaft zeigt, wie sich Glaube für eine Institution wie die katholische Kirche auch in Geld ummünzen ließ.

Zu der Sonderausstellung haben Anja Schöne und Malin Drees einen 100 Seiten starken Begleitband mit Katalogteil herausgegeben, der fünf gut lesbare und informative Beiträge verschiedener Autor:innen sowie zahlreiche Fotografien enthält. Wer keine Zeit hat, um sich die Ausstellung vor Ort in Telgte anzusehen, sollte sich diese Veröffentlichung zulegen.

Geld & Glaube in Judentum, Christentum und Islam ist noch bis zum 29. August 2021 im RELíGIO – Westfälisches Museum für religiöse Kultur in Telgte zu den im Internet abrufbaren Öffnungszeiten zu sehen.