Grüner Straßenfeger. Motorisierung und technische Innovation in der Straßenreinigung

18.06.2024 Marcel Brüntrup

Christian Möller

Menschen machen Müll. Das war schon immer so. Wenn viele Personen an einem Ort zusammenleben, wird das Wegwerfen allerdings zu einem Problem. Die Industrialisierung und das schnelle Wachstum der Bevölkerung ließen im 19. Jahrhundert die Abfallmengen stark zunehmen – mit schweren Folgen für Mensch und Natur.

Der Fuhrpark der Bielefelder Stadtreinigung an der Wiesenstraße, heute Werner-Bock-Straße, 1965, StArchBi, Fotosammlung, 21-001-049, Foto: Möller.

In der Industriestadt Bielefeld wurde der Müll seit 1886 von einem privaten Fuhrunternehmer fortgebracht. Im Jahr 1904 übernahm die Stadt diese Aufgabe und richtete unmittelbar neben dem heutigen Wiesenbad eine pferdebetriebene Müllabfuhr ein. Der Abfall wurde in Ton- und Sandgruben oder in Sieken entsorgt, den zahlreichen Wiesentälern des Ravensberger Hügellandes im nördlichen Stadtgebiet.

Vor der Anschaffung der Dreirad-Kehrmaschinen von Krupp waren diese pferdebetriebenen Wagen im Einsatz, 1920, StArchBi, Fotosammlung, 21-001-037, Foto: FP.

Auch auf den Straßen der beständig wachsenden Stadt landete immer mehr Müll. Die Reinigung erfolgte mit pferdebetriebenen Kehrmaschinen und Besen. Im Jahr 1934 kaufte die Stadt Bielefeld diese motorisierte Kehrmaschine der Firma Krupp mit einem 24 PS-starken Motor. Der aufgesetzte Wassertank fasste 700 Liter und verhinderte Staubaufwirbelungen. Das Dreirad-Fahrgestell ermöglichte einen engen Wendekreis und erlaubte auch den Einsatz in schmalen Gassen oder auf Schulhöfen.

Das Foto zeigt eines der beiden Exemplare der Krupp-Kehrmaschine, die von der Bielefelder Stadtreinigung in den 1930er Jahren angeschafft wurde, StArchBi, Fotosammlung, 21-001-025, Foto: unbekannt.

Die Firma Krupp produzierte das Modell zwischen 1920 und 1935 in unterschiedlichen Varianten und großer Stückzahl. Die Dreirad-Kehrmaschine war ein Verkaufsschlager und wurde in über 200 Städte im In- und Ausland geliefert. Besonders stolz war man auf den Verbrennungsmotor, der „gegenüber dem elektrischen Antrieb den Vorteil steter und unbeschränkter Betriebsbereitschaft“ ermögliche, wie eine zeitgenössische Werbebroschüre betonte.

In den 1960er Jahren waren auch kleinere Kehrmaschinen im Einsatz, mit denen schmale Gehwege gereinigt werden konnten, 1961, StArchBi, Fotosammlung, 21-001-024, Foto: Möller.

In Bielefeld waren bis Anfang der 1970er Jahre zwei dieser Kehrmaschinen in Betrieb. Danach erhielt das hier vorgestellte Exemplar eine neue Funktion und war für einige Jahre als Wahrzeichen am Eingang des Stadtreinigungsamtes zu sehen. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe kürte es im November 1999 zum Denkmal des Monats.

Heute ist der grüne Straßenfeger fester Bestandteil der Sammlung des Historischen Museums Bielefeld. Zurzeit ist das Gefährt dort in der Sonderausstellung „Oder kann das weg. #Wegwerfen #Wiederverwenden #Wertschätzen“ zu sehen, die bis Ende des Jahres gezeigt wird.

Quelle

Stadtarchiv Bielefeld, 400,10, ZG Samml., Nr. 6753: Presse- und Verkehrsamt der Stadt Bielefeld, 100 Jahre Stadtreinigung, o.D. [1986].

Literatur

Wolfgang H. Gebhardt, Krupp: Lastwagen 1919-1968. Typenkompass, Stuttgart 2013.

Christian Möller, Abfallpolitik zwischen Ökologie und Ökonomie. Die lange Suche nach Entsorgungswegen in Bielefeld (1957-1995), in: 97. Jahresbericht des Historischen Vereins für die Grafschaft Ravensberg, 2012, S. 129-162.

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Schlagworte: Verkehr · Christian Möller