Von Werwölfen und kopflosen Erscheinungen
Halloween in der Kommission Alltagskulturforschung für Westfalen
Kathrin Schulte
Hämisch grinsende Kürbisfratzen, gruselige Kostüme, Dekorationsartikel und Horrorfilme sind derzeit allgegenwärtig - ein klares Anzeichen für das nahende Halloweenfest. Grund genug, im Archiv für Alltagskultur nach Berichten von unerklärlichen und unheimlichen Begebenheiten zu suchen.
In dem Archiv befinden sich über 130 Berichte, ca. aus den 1950er bis 1980er Jahren, zu Geistererscheinungen und Vorahnungen. So berichtet ein Lehrer aus Versmold (Kreis Gütersloh) über einen Werwolf, der am Westheider Weg sein Unwesen getrieben haben soll: "In der Dunkelheit sei er dem Wanderer von hinten mit den Vorderbeinen auf die Schultern gesprungen und habe ihm mit feurigem Atem ins Gesicht gehaucht." Auch solle ein "Mensch ohne Kopf" im Versmolder Kirchturm spuken. Doch nicht nur von dort gibt es Berichte von unheimlichen Begebenheiten: Ein Gewährsmann aus Warendorf berichtete unter anderem von einigen Männern aus dem Ort, die ihr Vermögen versoffen und verspielt hatten. Zur Strafe mussten sie mit dem Teufel um das verlorene Geld spielen: "So hat man sie in dunkler Nacht oft gesehen; sie saßen auf glühenden Stühlen an einem glühenden Tisch und spielten mit glühenden Karten." Da sich der Teufel aber vor Ort langweilte, spielte er den Bewohnern Streiche, erschien ihnen als schwarzer Hund, "manchmal erschien er aber auch als ungebetener Gast bei Familienfeiern oder beim Schlachtfest. Man erkannte ihn meistens daran, daß er [...] seinen Weg durch den Kamin nahm."
Bei diesen Berichten handelt es sich oft um Schauergeschichten, die mündlich weitergegeben wurden und die nicht nur bei den Zuhörern, sondern auch bei den Sammlerinnen von Volkskultur auf großes Interesse stießen. Teilweise haben sich die Zuträger aber auch um eine Aufklärung der unheimlichen Begebenheiten bemüht: So schrieb ein Diakon aus Herne der Kommission, es sei auf einem alten Friedhof mehrmals "ein größeres Tier" mit "funkelnden Augen" gesehen worden, das sich jedoch als Katze entpuppte. Auch unheimliche Klopfgeräusche auf einem Friedhof fanden ihre Erklärung in einem vom Wind bewegten Holzschild.
Neben Berichten zu Geistererscheinungen finden sich im Archiv für Alltagskultur auch viele Einsendungen zum 'Zweiten Gesicht'. Das sogenannte "Zweite Gesicht" ist eine Bezeichnung für die Gabe in die Zukunft schauen zu können. Oft heißt es, jemand habe einen Familienangehörigen im Traum gesehen, kurze Zeit später sei dieser verstorben oder im Krieg gefallen. Auch über das Vorhersehen von Bränden wurde oft berichtet. Die Menschen, denen die Gabe des Zweiten Gesichts nachgesagt wurde, bezeichnete man in Westfalen als "Spökenkieker".