Sebastian Schröder
Die Pocken waren in der Frühen Neuzeit eine gefürchtete Krankheit. Kam es zum Ausbruch, starben nicht selten zahlreiche Menschen. Insbesondere Kinder raffte die Seuche dahin. Die landesherrlichen Behörden im preußischen Westfalen, also auch die Kriegs- und Domänenkammer in Minden, betrachteten diese Entwicklung mit großer Sorge. Schließlich oblag den Kammerräten unter anderem die Gesunderhaltung der Bevölkerung. Nur gesunde Bürgerinnen und Bürger konnten arbeiten, Steuern zahlen, sich vermehren – dementsprechend verwundert es kaum, dass das Medizinalwesen und die gesundheitliche Überwachung der Untertanen eine wichtige Rolle im Rahmen der Kammerverwaltung spielten.
Gleichwohl waren es anfänglich vor allem Pfarrer oder Schulmeister in den Dörfern und Städten, die erste Versuche mit dem Impfen oder der Inokulation (wie die Zeitgenossen zur Immunisierung sagten) gegen die Pocken vorantrieben. Die große Bedeutung der Pfarrerschaft beim Thema Impfen lässt sich beispielsweise hervorragend anhand der ravensbergischen Gemeinde Exter ablesen. In seinen Quartalsberichten Anfang Juni 1804 berichtete Medizinalrat Borges der Kriegs- und Domänenkammer in Minden von den rührigen Bemühungen des örtlichen Geistlichen Daniel Pemeier. Ein aus dem Rietbergischen stammendes armes Kind habe die Pocken in das Kirchspiel Exter eingeschleppt, recherchierte Borges. In kurzer Zeit seien vier weitere Heranwachsende infiziert gewesen, ehe Pemeier „die Inoculation auf das wärmste empfahl und mit seinen Kindern das erste Beispiel gab“. Nicht weniger als 121 Kinder immunisierte daraufhin der Medizinalrat – bei der relativ geringen Einwohnerzahl eine beachtliche Menge.