Jahresschwerpunkt 2025: „Sammeln und Aufbewahren“

10.01.2025 Niklas Regenbrecht

Wie wird eigentlich der begrenzte Raum eines Karteireiters genutzt? Was kann über solche Hilfsmittel abgebildet werden und was eher nicht? (Karteireiter im Schlagwortkatalog zum Archiv für Alltagskultur, Foto: Cantauw)

Christiane Cantauw

Zum ersten Mal haben wir im vergangenen Jahr mit der Themenstellung Fotografie für das Alltagskultur-Blog einen Jahresschwerpunkt gewählt. Damit verbunden war – auch in Hinblick auf die in Münster stattfindende Tagung „Countryside(s). Fotografische Konstruktion des Ländlichen“ – der Wunsch, das Interesse für dieses spezifische Forschungsfeld zu befördern.

Auch für 2025 benennen wir wieder ein Jahresschwerpunktthema, zu dem – wie in 2024 – im Alltagskultur-Blog in loser Folge Beiträge veröffentlicht werden können/sollen. Mit dem Themenschwerpunkt „Sammeln und Aufbewahren“ präsentieren wir erneut einen Themenkomplex, der in den letzten Jahrzehnten zunehmende Aufmerksamkeit nicht nur in der Museologie oder der Archivkunde erfahren hat.

 

Aktenordner, die der Organisation von Wissen dienten, werden täglich ausgemustert und bilden an abgelegenen Orten eher zufällige und ungewollte (An)Sammlungen. (ausgemusterte Aktenordner im Magazin der Kommission Alltagskulturforschung, Foto: Cantauw)

Unsere Stammleser:innen wissen, dass das Thema „Sammeln und Aufbewahren“ im Alltagskultur-Blog nicht ganz neu ist: Im Rahmen des Projekts „Kolonialismus vom Dachboden“ haben wir eine Reihe von Beiträgen gepostet, die sich mit bewusst oder zufällig (An-)Gesammeltem und Aufbewahrtem aus kolonialem Kontext befassten. Auch haben wir in vielen Posts (Personen-)Bestände aus unserer eigenen Sammlung vorgestellt und befragt. Ungeachtet dessen möchten wir im Jahr 2025 noch einmal gezielt auf dieses Feld schauen. 

Das Wissen um Geschichte, Praktiken, Orte und Akteur:innen des Sammelns und Aufbewahrens steht in engem Zusammenhang mit dem Gesammelten selbst. So können wir über die Frage nach der Genese von Sammlungen und Sammlungsbeständen unter anderem Informationen erhalten über Konjunkturen von Themen oder die Positionierung von Institutionen und Einzelpersonen. Und Orte des Sammelns und Aufbewahrens vermögen beispielsweise Aufschluss zu geben über (sich verändernde) Werthaltungen und/oder alltägliche Praktiken.

Wenn eine Sammlung nicht inventarisiert und digitalisiert wurde, ist sie für potentielle Nutzer:innen nicht vorhanden. Trotzdem ist sie da, beispielsweise die Tourismuswerbung in Magazin 3 der Kommission Alltagskulturforschung. (Foto: Cantauw)

Ertragreich ist auch die Frage nach den Sammlerinnen und den Sammlern: Wer hat die jeweilige Sammlung angelegt, welche Ziele hat sie/er damit verfolgt? Haben sich Sammler:innen zu einem Netzwerk zusammengeschlossen, zu welchem Zweck?

Auch aus praxisanalytischer Sicht ist das Feld „Sammeln und Aufbewahren“ aufschlussreich: Welche Methoden des Sammelns, der Ordnung und der Aufbewahrung lassen sich beobachten und beschreiben? Was sagen die einzelnen Praktiken über das Sammeln, die Sammler:innen und ihre Sammlungen aus?

Wenn Sammlungen übergeben werden, nutzen die Bestandsgeber unterschiedliche Behältnisse wie Plastiktüten, Klappkisten oder Pappkartons. In seltenen Fällen werden diese Behältnisse aufgehoben und können auf ihre Geschichte hin befragt werden. (Versandkartonage, um 1900; Archiv für Alltagskultur, Foto: Cantauw)

Sammeln und Aufbewahren stoßen immer auch an sowohl quantitative als auch qualitative Grenzen. Hier stellt sich die vielversprechende Aufgabe, diese Grenzen zu benennen und zu beschreiben. Wer hat sie gesetzt, aus welchen Gründen? Wurden sie überschritten, von wem, wie und warum?

Das sind nur einige wenige Ansätze, sich dem Themenkomplex „Sammeln und Aufbewahren“ anzunähern. Wir freuen uns, wenn sich auch dieses Jahresthema als anschlussfähig erwiese und erhoffen uns viele Beiträge, in denen uns Menschen über ihre Sammlung(en) und deren Genese, über Sammler:innen in ihrem Ort/ihrer Region, über Aufbewahrungsmöbel oder -systeme oder über besondere Bestände in Archiven, Museen und Depots und ihre Genese schreiben.