Emil Schoppmann
Anfang des 20. Jahrhunderts wurden in der sogenannte „Schieferkuhle“, der einstigen Tongrube der Ziegelei Gerdemann & Co im Gronauer Glanerfeld spektakuläre Fossilienfunde gemacht. Wo in knapp 40 Metern Tiefe von 1883 bis 1917 Tonschiefer gewonnen wurde, befand sich vor rund 140 Millionen Jahren ein subtropisches Binnenmeer. Die Lagunengewässer, Seen und sumpfigen Wälder des „Niedersächsischen Beckens“ bildeten den Lebensraum einer einzigartigen Unterwasserfauna.
Das zurzeit vor tiefgreifenden Umbaumaßnahmen stehende Drilandmuseum besitzt eine umfangreiche Sammlung, welche Gronaus bedeutende Rolle als Fundort geologisch-paläontologischer Objekte offenbart. Zu den vorhandenen Fossilien aus der Zeit der tiefen Unterkreide Berrias, genauer dem unteren Valanginium der Bückeberg-Formation, zählen unter anderem in Sedimentgestein konservierte Corbula-Muscheln, Fischskelette, ein Flossenstachel der Haigattung Hybodus oder Krokodilschuppen. Ebenfalls existiert eine Knochenplatte des Bauchschildes der erstmals hier nachgewiesenen Wasserschildkröte „Desmemys bertelsmanni Wegner“.
Berühmtheit erlangte Gronau jedoch durch zwei Saurierfunde von internationalem Rang: Im Juli 1910 wurde in der Tongrube das weltweit erste fast vollständig erhaltene Skelett eines Plesiosauriers entdeckt. Professor Theodor Wegner vom Geologischen Institut der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster benannte die neue Saurierart zu Ehren seines Lehrers, dem Paläontologen Wilhelm von Branca, als „Brancasaurus brancai“. 1912 konnten erneut Teile eines kopflosen Plesiosaurier-Skeletts geborgen werden, dessen genaue wissenschaftliche Zuordnung zunächst jedoch ausblieb. Der in Fundlage aus einer Steinplatte herauspräparierte Knochenfund verschwand über viele Jahrzehnte wohlbehütet, allerdings unter falscher Bezeichnung, in einer Magazinschublade. Erst 2013 erbrachte der Berliner Paläontologe Dr. Oliver Hampe den Nachweis, dass es sich hierbei um das einzigartige Exemplar einer weiteren bislang unbekannten Saurierart handelt, die seitdem als „Gronausaurus wegneri“ bezeichnet wird.