Berühmtheit und Verbreitung fand Willy Scheels Veröffentlichung aber nicht so sehr wegen ihres Textes als vielmehr wegen der 80 „farbenphotographischen Abbildungen“ (vgl. Titel). Diese Abbildungen waren 1912 durchaus eine Sensation, steckten die Farbfotografie und der Farbdruck zu dieser Zeit noch in den Kinderschuhen: Adolf Miethe (1862 – 1927), Professor für Photochemie, Photographie und Spektralanalyse an der Königlich Technischen Hochschule zu Berlin mit Sitz im damals noch eigenständigen Charlottenburg, hatte sowohl ein fotografisches Dreifarbenverfahren als auch ein entsprechendes Druckverfahren entwickelt. Diese foto- und drucktechnischen Neuerungen ermöglichten 1909 die Drucklegung eines kostspieligen Prachtbandes mit dem Titel „Die Deutschen Kolonien“ – Buchhandelspreis: 200 Mark. Die 250 Fotografien in dieser umfangreichen Publikation, die Curd Schwabe (1866 – 1926) edierte, stammen von Eduard Kiewning (1843 – 1937), Robert Lohmeyer (1879 – 1959) und Bruno Marquardt (1878 – 1916). Sie wurden mit der entsprechenden Technik ausgestattet in die deutschen Überseegebiete geschickt, um die erlahmende Begeisterung für die Kolonien durch bis dato noch nicht dagewesene visuelle Eindrücke zu beleben. Der Erfolg gab dem mit verausgabten 300.000 Mark überaus kostspieligen Unternehmen Recht: Die ersten Farbbilder aus den Kolonien wurden vom deutschen Publikum und von der Presse begeistert aufgenommen und fanden in der Folgezeit auch in weiteren preisgünstigeren Publikationen Verwendung.
Zu diesen gehört das Buch von Willy Scheel, das mit einem Buchhandelspreis von 3,50 Mark auch für ein breiteres Publikum zugänglich war und sich expliziert an die Schuljugend wandte. Ebenso wie in dem Prachtband „Die deutschen Kolonien“ stehen auch hier Text und Abbildungen in eher losem Zusammenhang. Die acht Kapitel sind ähnlich aufgebaut: Scheel beginnt stets mit der Geschichte der deutschen Kolonisation und leitet dann über zu den naturräumlichen Gegebenheiten (Geografie, Geologie). Auf die Beschreibung der einheimischen Bevölkerungsgruppen folgt dann eine Einschätzung der Aufgaben und Ziele der deutschen Kolonisation: „Daß sich das Land [gemeint ist „Deutsch-Neu-Guinea“, C.C.] für größere kaufmännische und landwirtschaftliche Unternehmungen von Europäern eignet, kann nach den bisherigen Erfahrungen bejaht werden“ (S.135). Die Abbildungen – etwa im Kapitel „Deutsch-Neu-Guinea“ – zeigen dazu eine „Partie aus dem Urwald“ mit üppiger Flora, zwei Ganzkörperportraits jeweils eines „Papua im Tanzschmuck“ und das Brustbild eines „Admiralitätsinsulaner[s]“.
Durch diese Form der textlichen und visuellen Darstellung entsteht der Eindruck, dass die Geschichte des jeweiligen Landes erst mit der deutschen Kolonisation begonnen hat. Die Einheimischen wurden vor allem nach Nützlichkeitserwägungen aus der Warte der Kolonisatoren beurteilt: „Aus dem Gesagten dürfte klar sei, daß es noch eine geraume Zeit dauern wird, bis der eigeborene Papua oder Melanesier sich zu einem nützlichen Gliede deutscher Kolonisation entwickelt hat“ (S.135). Visuell wird das Gesagte unterstrichen durch Fotografien, die Landschaften, Einheimische, lokale und koloniale Architektur und Infrastruktur (Brücken, Eisenbahnlinien) sowie koloniale Truppen zeigen – vermeintlich augenfällige Belege für das segensreiche und kultivierende Wirken der Kolonialherren und für die Unzivilisiertheit der einheimischen Bevölkerung, die teils unbekleidet gezeigt wird und deren einfache Behausungen mit den repräsentativen Kolonialbauten kontrastieren.
Dies alles ist in der Publikation gepaart mit einem fast schon naiven Paternalismus, der aus der Gewissheit heraus argumentiert, dass es gelingen werde, die einzelnen Länder und Regionen militärisch zu sichern, verkehrstechnisch zu erschließen und ihre Bewohner und Bewohnerinnen durch Mission, Schule und medizinische Versorgung „an die Wohltaten der deutschen Herrschaft [zu] gewöhnen“ (S.90).