Es war die Stunde der kleinen Parteien, denn hier war Einstimmigkeit geboten. Und so trug der Vertreter der FDP seine Ausführungen in einer längeren Rede vor. Er betonte die historische Bedeutung der anstehenden Verwaltungsreform und führte hierzu aus: „Es ist wohl kein zu großes Wort, wenn wir vom Blick in das Jahr 2000 reden, wenn wir die Kreisreform und die Gebietsreform anschauen. Das sind bis zum Jahre 2000 noch 31 Jahre, 7 Monate und 13 Tage. Nach dem Ausbruch des Krieges, also seit 1939, sind ja nun schon bereits 29 Jahre vergangen. Wir sind dahingestürmt, meine Damen und Herren, mit einer Entwicklung in allen Lebensbereichen: Ernährung, Wankelmotor, Musik, EWG, Sex, NATO, Mondrakete, Atomkraftwerke, Herzverpflanzungen, ja, meine Damen und Herren, auch sogar Computereinsatz bei der Eheberatung. So, jetzt verstehen Sie, warum die so strapazierten Begriffe wie Tradition und Kreisbewußtsein, Überschaubarkeit und Entfernung sowie persönliche Kontakte geändert und diese Dinge und auch die Kreisfahne etwa tiefer gehängt werden müssen. Wenn ich bewußt soeben kraß schwarz-weiß male, bleibt nüchtern natürlich übrig, daß in der modernen Gesellschaft des Jahres 2000 eine Verwaltung nicht nach Raubritterepochen, sondern nur nach den Begriffen der Zweckmäßigkeit und der optimalen Wirksamkeit gemessen werden muss“. Und die sah der Redner der FDP nach diesen und weiteren rhetorischen Schrauben am Ende natürlich im Fortbestehen eines selbständigen Kreises Tecklenburg.
Der Vertreter der Heimatvereine schilderte in seiner Stellungnahme die historischen und strukturellen Besonderheiten des Tecklenburger Landes. Er verwies auf ein lebendiges Vereinswesen und den guten Zusammenhalt in einem überschaubaren Umfeld. In einem Großkreis sei so eine Gemeinschaft nicht möglich. Der Kreis Tecklenburg sei kein politisches Zweckgebilde, „sondern als Tecklenburger Land eine eigenständige Landschaft von besonderer Eigenart zwischen der Norddeutschen Tiefebene und dem Münsterland, so daß die Tecklenburger seit 250 Jahren sich zusammengehörig fühlen und ein eigenes Landesbewußtsein entwickelt haben aufgrund einer gemeinsam zurückgelegten Geschichte in einem morphologisch und wirtschaftlich anders als die westfälischen Nachbargebiete gegliederten Raum.“ Die Expertenkommission hatte allerdings bereits im Vorfeld deutlich gemacht, dass sie solche Aspekte nicht mehr von Bedeutung für die zukünftige Entwicklung sah.
Am Ende lehnte der Tecklenburger Kreistag die Zusammenlegung mit dem Kreis Steinfurt einstimmig ab.
Am Montag nach der Kreistagssitzung erschienen in allen drei Tageszeitungen des Tecklenburger Landes, dem „Tecklenburger Landboten“, der „Ibbenbürener Volkszeitung“ und der WN-Regionalausgabe „Der Tecklenburger“, Sonderausgaben zur Ablehnung der Zusammenlegung mit dem Kreis Steinfurt. Die Berichte und Abbildungen waren in allen drei Zeitungen quasi inhaltsgleich und nur redaktionell unterschiedlich aufgearbeitet. Dahinter steckte also eine konzertierte Aktion der Kreisverwaltung.
Letztlich zeigte die politische Diskussion in den folgenden Monaten und Jahren trotz aller Proteste, dass der Kreis Tecklenburg nicht zu halten war und aufgrund seiner geringen Größe sowie seiner geografischen Lage auch nur im Kreis Steinfurt aufgehen konnte. Die Diskussion verlagerte sich vom „ob“ zunehmend auf das „wie“ und einen großen Streitpunkt bildete dabei der zukünftige Sitz der Kreisverwaltung.