Autokennzeichen sind in Deutschland mehr als ein Nummernschild, denn ihr Anfangskürzel macht sie zu einem unverwechselbaren Merkmal für die Heimatstadt (MS, OS, DO, PB, BI) oder die Heimatregion (HSK, LIP) der Fahrzeughalter:innen. Aufgrund ihres hohen Bekanntheitsgrades und ihres quasi amtlichen Charakters stehen diese Kürzel in den Medien und in der Werbung oft als Symbol für städtische oder ländliche Räume.
Beliebt sind bei entsprechender Buchstabenfolge auch kurze Wörter auf dem Kennzeichen, etwa EL-SE, EL-KE oder EL-SD. Ein weiterer Aspekt ist die scherzhafte Deutung der Buchstaben als Abkürzungen. Da steht BOR für Bauer ohne Rücksicht, COE für Chaos ohne Ende, NOH für niemals ohne Heiland oder gar MS für Mistsau. MS-LK wird zum Beispiel gedeutet als „Mistsau lass knacken“ und als Anfang der 70er-Jahre der Nottulner Bürgermeister Hubert Kellermann mit seinem neuen Nummernschild MS-HK von der Kreisverwaltung in Münster nach Hause fuhr, wurde diese Abkürzung vor Ort scherzhaft, aber eindeutig interpretiert.
Nach der Kreisreform in Nordrhein-Westfalen zum Jahresanfang 1975 kamen Kennzeichen in Mode, bei denen die Kürzel der neuen Großkreise mit denen der Altkreis kombiniert wurden, etwa BOR-AH, COE-LH oder ST-TE. Sie sollten die Identifikation der Fahrzeughalter:innen mit dem „untergegangenen“ Altkreis dokumentieren und waren mitunter auch ein stiller Protest gegen die Kreisreform.
Doch auch bereits während der Kommunalen Neugliederung spielten die Autokennzeichen als Propagandamittel eine wichtige Rolle, denn bald nach der Veröffentlichung des Gutachtens der Expertenkommission zur Neugliederung 1968 sah man in den betroffenen Altkreisen und kreisfreien Städten Protestschilder und Aufkleber in der Form eines Nummernschildes mit dem einprägsamen Spruch: „BOH muss bleiben“ oder „LH muss bleiben“.
Entsprechend bedruckte Pappschilder wurden im Rahmen der Proteste gegen die Bildung des Großkreises Steinfurt ab etwa 1970 auch im Tecklenburger Land in Umlauf gebracht. Eine Zeitzeugin erinnert sich: „‘TE muss bleiben‘, -so konnte man Anfang bis Mitte der 70er-Jahre gefühlt bei 80 Prozent aller PKW im ehemaligen Kreis Tecklenburg auf einem Schild lesen.“