Das Mahnmal für den Frieden an der ev. Kirche in Rödinghausen

17.05.2022 Niklas Regenbrecht

Der Künstler Bruno Buschmann blickt in seinem Oerlinghauser Atelier auf die Skulptur eines Auges. Das Foto ist 2021 entstanden. Foto: Anna Vogt.

Anna Vogt

Die Begeisterung war groß, als an einem Sonntag im November 1975 das neue Denkmal an der Bartholomäuskirche in Rödinghausen eingeweiht wurde. Geschaffen hatte es der aus Verl stammende Künstler Bruno Buschmann. Das Mahnmal erinnert bis heute an Kriegsopfer und ruft zum friedlichen Miteinander auf.

Zuvor standen an der Kirche bereits zwei Denkmäler, die im Zuge einer Dorfplatzerneuerung in den 1960er Jahren abgeräumt wurden. Auch sie erinnerten an die aus Rödinghausen stammenden Gefallenen, die in den Kriegen 1864, 1866, 1870/1871 und 1914 ihr Leben ließen. Um das Gedenken an die Gefallenen in einer zeitgemäßen Weise aufrecht zu erhalten, setzte sich die Gemeinde in den 1970er Jahren für die Realisierung eines neuen Denkmals ein. Dies sollte verbunden sein mit einer christlichen Botschaft, wie kriegerische Gräueltaten verhindert werden könnten. Vorbild war dabei auch der benachbarte Gemeindeteil Bieren, der bereits 1954 ein neues Denkmal aufstellen ließ und hierfür 12.000 DM sammelte.

Der auf Bronzeskulpturen spezialisierte Künstler Bruno Buschmann lieferte einen Entwurf, der daraufhin von Gemeindemitgliedern und den zuständigen Behörden diskutiert wurde. Auch der Künstler selbst reiste nach Rödinghausen, um seine Idee zu erklären. Schließlich erhielt er den Zuschlag und machte sich in seiner Oerlinghauser Werkstatt an die Arbeit – denn der Künstler entwarf nicht nur die Gestaltung, er goss das Werk auch selbst in seinem Atelier.

Das Mahnmal für den Frieden an der Evangelischen Kirche Rödinghausen. Foto: Anna Vogt.

Was viele nicht wissen: Der Entwurf, den Buschmann lieferte, war nicht neu: Ursprünglich hatte er die Komposition für die evangelische Kirche in Isselhorst (Kreis Gütersloh) geplant. So erinnert sich der Künstler: „Obwohl der damalige Isselhorster Pastor, Herr Otto Wiehage, mein Schwiegervater war, sagte ich ihm damals: „Stimm‘ mal bitte nicht mit! Sowas gibt nur Ärger. Am besten, ich bekomme den Auftrag nicht.“ Außerdem war noch ein guter Freund von mir in der Jury, der damalige stellvertretende Bürgermeister von Gütersloh, der auch auf meiner Seite war, sich aber auch enthalten hatte. Schlussendlich bekam dann jemand anderes den Auftrag. Das war auch besser so!“

Initiiert hatte den Wettbewerb damals die politische Gemeinde Isselhorst, die im Zuge der kommunalen Neugliederung im Jahr 1970 Teil der Stadt Gütersloh wurde. Eine Kommission mit Vertretern aus Politik, Dorföffentlichkeit und Kirchengemeinde unter Leitung von Prof. Dr. Bacher organisierte die offizielle Ausschreibung zur Gestaltung eines Mahnmals. Den Auftrag bekam am Ende die Bildhauerwerkstatt Hartmann-Rochelle aus Rheda-Wiedenbrück, die im Innenraum des Turmes eine Gedenkstätte zur Erinnerung an die Kriegsopfer einrichtete und das ehemals neugotische Portal durch eine modern anmutende Tür mit Bronzetafeln ersetzte.

Zufällig wurde später der damalige Rödinghauser Pastor Heinrich Stumpf auf den Entwurf von Buschmann aufmerksam. Die Arbeit gefiel dem Pfarrer auf Anhieb und er kontaktierte den Künstler, der daraufhin seine Gestaltung anpasste und ein 1:1 Modell lieferte. Der so „recycelte“ Entwurf kam gut an! Presbyter und Gemeindemitglieder besuchten den Künstler gar persönlich in seinem Atelier. Das damalige Resümee lautete im Gemeindebrief: „Alle waren sehr beeindruckt!“

Das Mahnmal für den Frieden an der Evangelischen Kirche Rödinghausen, Detailansicht. Foto: Anna Vogt.

Platziert wurde das Mahnmal an einer der beiden seit 1962 im Zuge einer Renovierung von innen zugemauerten Seitentüren des Querhauses. Die südliche dieser ‚blinden Türen‘ wurde zur Skulptur, wobei der Künstler den Steinsockel zur Tür in das Kunstwerk mit einbezog, indem er die Kriegszahlen mit Blei in die Stufe prägte. Das Werk selbst zeigt im unteren Bereich ein verheerendes Trümmerfeld, am oberen Rand einen Bereich voller Kreuze und Gräber. Durch das obere Gräberfeld zieht sich eine Dornenkrone, außerdem die drei Kreuze von Glogotha. In der Mitte, dem sog. Friedensfeld, sind in einem Kreuz die Worte des Vaterunser zu lesen, wobei die Zeile „Und Vergib Uns unsere Schuld“ besonders hervorgehoben ist. Ein eindeutiges Schuldbekenntnis und ein Verweis auf die demütige Haltung, im Krieg nicht nur Opfer, sondern auch Täter gewesen zu sein. Ein komplexes und vielschichtiges Motiv.

Die Gemeinde finanzierte das 2,50 Meter x 1,60 Meter große Werk vor allem aus Spenden. In Anbetracht der nicht geringen Kosten hieß es im Gemeindebrief: „Das Denkmal ist sicher nicht billig.“ – aber im Vergleich zu den Werken in Bieren und Schwenningdorf sei der Preis doch realistisch: „Was 1956 schon 12.000 DM und vor Jahren mehr als 20.000 DM gekostet hat, bekommt man heute ohnehin nicht unter 25 000 DM“, so die damalige Argumentation. In der Folge wurde mit Briefen und Werbeprospekten für eine Spende geworben. Jeder Brief enthielt eine Zeichnung und ein Detailfoto des Modells. Der Herforder Verlag Wendt Groll sponsorte den Druck einer Werbe-Postkarte. Bis Februar 1974 kamen 11.400 DM zusammen. Am Ewigkeitssonntag, dem 25.11.1973, weihte die Gemeinde das Mahnmal ein. Eine Besonderheit: Ergänzend zu dem bronzenen Mahnmal wurde im Nachgang ein Buch angefertigt, das alle Daten von Gefallenen aus Rödinghausen auflistet.

2023 wird das Denkmal 50 Jahre alt werden – seine Aussage ist aktueller denn je.

 

Zuerst erschienen in: HF-Magazin. Heimatkundliche Beiträge aus dem Kreis Herford, Nr. 120, 16.03.2022, herausgegeben von der Neuen Westfälischen.

Link: https://www.kreisheimatverein.de/wissen/hf-magazin/

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