Andreas Eiynck
In vielen bäuerlichen Chroniken und Tagebüchern finden sich Notizen über besondere Wetterereignisse, manchmal sogar systematische Aufzeichnungen über das Wetter. Meistens decken diese Wetterchroniken jedoch nur wenige Jahre oder Jahrzehnte ab. Eine Besonderheit ist daher die Chronik des Bauernhofes Schulze Epping in der Horstmarer Bauerschaft Niedern. Sie enthält im ersten Teil eine über viele Generationen reichende Familiengeschichte und im zweiten Teil jährliche Aufzeichnungen über das Wetter sowie besondere Begebenheiten auf dem Hof, in der Gemeinde und im Münsterland. Krieg und Frieden, Bischöfe, Päpste und Pastöre, Kaiser, Könige und Amtmänner, Missionen und Manöver, aber auch besondere Bauprojekte sind neben dem Wetter häufige Themen.
Da die Chronik über einen Zeitraum von mehr als 100 Jahren berichtet – die ältesten Angaben stammen aus dem späten 18. Jahrhundert, die jüngsten Eintragungen von 1905 – können die Aufzeichnungen nicht von einem einzigen Autor stammen, sondern wurden über mehrere Generationen zusammengetragen. Erster Verfasser war vermutlich Bernard Hermann Geuking (geb. 1747 in Südlohn), der 1770 durch Heirat auf den Hof kam und den Namen Schulze Epping annahm. Sein Sohn Bernhard Anton Schulze Epping (1777-1843) setzte die Aufzeichnungen fort. Der Enkel Bernhard Anton Joseph Schulze Epping (1822-1895) führte die Chronik mit jährlichen Angaben weiter. Nach seinem Tod wurden die Aufzeichnungen noch 10 Jahre weitergeführt, vermutlich von seinem Sohn. Die jährlichen Einträge nahmen nun einen erheblich größeren Umfang ein und enthielten auch genauere Angaben über die Landwirtschaft.
Da alle Einträge in einheitlicher Handschrift verfasst sind, kann die in einer Kladde überlieferte Fassung der Chronik nicht die ursprüngliche Schriftform sein. Die heutige Version, die auf dem Hof Schulze Epping verwahrt wird, entstand vermutlich in der Zeit um 1905 als Abschrift älterer Aufzeichnungen.
Die Wetterchronik beginnt mit einer Übersicht des Klimas im 19. Jahrhundert: „In diesem Jahrhundert sind die schönsten, wärmsten Sommer gewesen: 1811, 1815, 1822, wo im Januar schon Vögel sangen, Bäume blühten. 1826, 1834, 1835, 1849, 1846, 1849, wo am 7. Januar schon die Schwarzdrossel sang, 1852, 1857,1858 und 1859. 1862, 1868, 1874, 1875, 1881, 1884, 1899. Der schönste Herbst war 1897. 1818. Der heißeste Sommer 1826. Nasse Jahren: 1816, 1829, 1830, 1840, 1844, 1855, 1856, 1860, 1891 Nasses und unfruchtbares Jahr.“
Es folgt ein Rückblick auf besonders kalte Winter im 18. und 19. Jahrhundert: „Im vorigen Jahrhundert: Kalte Winter 1740, 1798, 99 sollen sehr kalt gewesen sein, besonders Weihnachten, den kollen Middewinter 1829 in 1830, 1822 und 1823 große Kälte, 1829 in 1830 viel Schnee, kalt. 1838 sehr kalt, auch 40, und 1844. 1845 sehr kalt mit viel Schnee, Ostern Thauwetter. 1870 und 1871 kalter Winter, 1890 in 1891 sehr kalter Winter, mit Schnee. Auch 1864 kalter Winter. Der Rußige Winter 1812“. Doch nach dem Winter kommt stets der Frühling. Dazu heißt es in einer Randnotiz: „1807 sehr kalt. Die schönsten Frühlinge, 1815, 1822, 1846, 1889. Der früheste Ostern war 1818 am 22. März, 1845 am 23. März, 1856 am 23. März. Der späteste Ostern 1886 am 25. April.“
1830 beginnen die fortlaufenden Aufzeichnungen unter „Witterungsanzeigen und sonstige Merkwürdigkeiten“. So heißt es zu 1830: „Sehr nass und kühl. Schlechte Ernte. Viel Schnee im Winter, dabei kalt. Mehrmals Überschwemmung. Schwester Anna zur h. Communion aufgenommen. Im Januar Bote Sommer bei der Kapelle erfroren.“
Besser war das Wetter im Jahr darauf: „1831 ausgezeichnet gutes Jahr, mehr warm als kalt. Gelinder Winter. Am 7. Januar sehr starkes Nordlicht. Franzosen Antwerpen erobert. Gregor XVI erwählt zum Papst. N.B.: 1831 Abendandacht wegen Cholera. In Horstmar eine neue Glocke erhalten wegen der alten Glocke welche geborsten und ausgesägt war.“
Die folgenden Jahre brachten keine besonderen Wetterereignisse, nur im Winter 1833 und 1836 gab es viel Sturm. Die Folgen des Sturmes wurden 1837 beseitigt: „Am 21. September wurde der Hahn wieder auf Thurm gebracht, der bei den Windsturm vom vorigen Jahre herunter geweht war, durch Hans Haumer.“ Ideal verlief das folgende Jahr: „1839 schöner warmer Sommer. Gelinder Winter.“
Die 1840er Jahre brachten mehrere nasskalte Sommer. Besondere Ernteausfälle gab es 1844: „1844 naßkalter Sommer. Nasser Herbst. Alle Früchte hatten gelitten. Kartoffeln Krankheit zum 1ten male. Kalter Winter.“ Dafür war 1847 ein „Ausgezeichnet gutes Jahr, gelinder Winter. Im August fielen die Kornpreise.“