Netzwerken und Schätze ausgraben

11.02.2020

Kathrin Schulte bei der Archivrecherche in der Volkskundlichen Kommission und Katrin Jaspers am Schreibtisch in der Historischen Kommission. Fotos: LWL/Cantauw und Beyer

Netzwerken und Schätze ausgraben

LWL-Volontäre berichten von ihren Arbeitsplätzen – Katrin Jaspers und Kathrin Schulte aus den LWL-Kommissionen

Sarah Rütershoff

Der LWL bildet Auszubildende in den Bereichen Gesundheit, Verwaltung, Technik und Handwerk aus, er bietet aber auch jungen Hochschulabsolventen und -absolventinnen im sogenannten Volontariat einen zweijährigen Einstieg ins Berufsleben. Die Arbeitsstellen der Volontäre und Volontärinnen sind Museen, Ämter, Kommissionen, die Öffentlichkeitsarbeit und die Archäologie. Mit einer Serie schaut LWLaktuell den „Volos“ bei ihrer Arbeit über die Schulter.

Was macht denn eigentlich eine Kommission? Diese Frage mussten Katrin Jaspers und Kathrin Schulte schon oft beantworten. Kein Wunder, denn als wissenschaftliche Volontärinnen der Historischen Kommission (HiKo) und der Volkskundlichen Kommission (VoKo) sind sie bei Institutionen beschäftigt, die in dieser Form in Deutschland einmalig sind. Insgesamt sechs wissenschaftliche Kommissionen gibt es beim LWL. Sie erforschen die Geschichte Westfalen-Lippes. Katrin Jaspers und Kathrin Schulte – die eine studierte Archäologin und promovierte Historikerin, die andere studierte Historikerin – unterstützen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dabei. Sie arbeiten in ihrem Volontariat jeweils an eigenen Publikationen, organisieren Tagungen, kümmern sich um den Internetauftritt und bekommen Ideen für ihr weiteres Berufsleben.

Katrin Jaspers organisiert auch Workshops in der Historischen Kommission, in der sie als Volontärin tätig ist. Foto: LWL/Beyer

In der HiKo widmet sich Katrin Jaspers besonders der Weimarer Republik: „Eine ganz besondere Zeit war das, eine Zeit, in der die Demokratie im Aufbruch war“, sagt die Volontärin. Für sie ist es spannend zu sehen, mit welcher Intensität die Menschen vor hundert Jahren versucht haben, etwas zu bewegen. Ihre Aufgabe ist es, die Forschungsresultate zu analysieren. In ihrer Laufbahn hat sich die promovierte Historikerin eine wissenschaftliche Arbeitsweise angeeignet und muss sie für ihre jetzigen Projekte nur abrufen. Dafür braucht sie bei der Unmenge an Datenmaterial vor allem eins: den Blick fürs Wesentliche.

Neben der Publikation kümmert sich Jaspers um Organisatorisches rund ums Institut. „Bevor ich hier anfing, wusste ich nicht, dass es so etwas wie Wissenschaftsmanagement als Berufszweig gibt“, erzählt sie. Das Organisieren und Netzwerken falle ihr leicht, mache Spaß und sei im Laufe ihres Volos zu einem ihrer Steckenpferde geworden. Erste Erfahrungen im Bereich Marketing und Kommunikation hat sie bereits vor ihrem Volo in einem dreimonatigen Praktikum beim Fahrzeug- und Maschinenbaukonzern MAN und als Aushilfskraft in einem Hotel an der Rezeption gesammelt. In der Gastgeberrolle fühlt sie sich wohl: „Ich durfte schon einen Doktorandenworkshop organisieren. Ich mag es, anderen eine Plattform zu geben, auf der sie sich präsentieren und entfalten können“, sagt sie.

Der LWL biete aufgrund seiner - laut Jaspers - „unfassbar vielen Kultureinrichtungen“ sehr viele und schnelle Möglichkeiten, Kontakte herzustellen. Unter den LWL-Volontären und -Volontärinnen klappe das schon mal sehr gut, denn da weiß sie als Volontärssprecherin genau, wen sie für welche Information ansprechen muss. „Das Netzwerk gibt es schon. Man muss es einfach nur anzapfen“, sagt sie.

Im Fundus der VoKo betreibt Kathrin Schulte Archivrecherche und findet immer wieder sehr geschichtsträchtige Objekte, wie zum Beispiel Feldpostbriefe oder Tagebücher. Foto: LWL/Cantauw

In der VoKo lernt derweil Kathrin Schulte, wie man die richtigen Fragen stellt. Das kann sie vor allem an dem Projekt üben, das einmal eine Publikation werden soll: Für eine Studie zu Gebrauchtimmobilien wurden Personen und Familien interviewt, die eine Immobilie innerhalb der vergangenen zehn Jahre gekauft haben. Aufgrund des Generationenwechsels handelt es sich dabei häufig um Immobilien aus den 1960ern. Eine entscheidende Rolle spielt die Frage, wie die Familien das fremde Haus zu ihrem eigenen machen. Spannend sei für die Volontärin vor allem, wie viele Genderthemen zum Vorschein kommen. „Der Umbau der Immobilie wurde von den Familien meistens gemeinsam geplant, aber von den Männern umgesetzt“, erklärt sie. „Dass die Heimwerker aus den 1960ern mehrheitlich männlich, verheiratet und Besitzer des umgebauten Wohnraumes waren, ist auch gegenwärtig noch zu beobachten, zum Beispiel an der Baumarktwerbung von heute“, so Schulte.

Schulte ist auch „Schatzgräberin“: Im Fundus der VoKo, der aus rund 188.600 verzeichneten Bild-, Ton- und Schriftquellen besteht, betreibt sie Archivrecherche und findet immer wieder sehr geschichtsträchtige Objekte, wie zum Beispiel Feldpostbriefe oder Tagebücher. Der Fundus stammt größtenteils aus privaten Nachlässen. „Da schlummert noch viel Unentdecktes in unserem Archiv“, sagt die Volontärin. Sie hat zum Beispiel ein Urlaubsfoto einer Familie aus Münster von 1944, aufgenommen während des Zweiten Weltkriegs, gefunden. „Hier fragen wir uns, wie das sein kann, dass eine Familie mitten im Krieg Urlaub macht“, sagt sie.

Vor allem mit Bildbeiträgen und Texten im lockeren Sprachduktus möchte die VoKo auch die Jüngeren ansprechen. Postkarten mit eindrucksvollen Motiven sollen dazu beitragen. Foto: LWL/Cantauw

Wie solche Geschichten weitergehen, verrät Schulte in kleinen Beiträgen bei Instagram oder im neuen Blog der VoKo. Mit Hintergrundforschungen und oft überraschenden Beiträgen füllt die Volontärin die Social Media Kanäle und möchte so auch die im ersten Moment verstaubt klingende Volkskunde moderner wirken lassen. „Vor allem mit Bildbeiträgen und Texten im lockeren Sprachduktus wollen wir auch die Jüngeren ansprechen“, so Schulte.

Und nach dem Volontariat? „Ich kann mir die Forschung als späteres Tätigkeitsfeld gut vorstellen“, sagt die Volontärin. Aber auch geschichtliche Themen für eine breitere Öffentlichkeit aufzubereiten und sie so zugänglicher zu machen, sei ihr Ding – immer mit viel Liebe fürs Detail. Denn „die oft spannenden Details“, so Schulte, „lassen die Akten erst so richtig lebendig werden“.

Kategorie: Ankündigungen

Schlagwort: Sarah Rütershoff