Sebastian Schröder
Wer im Winter Äpfel aus dem eigenen Garten genießen möchte, der muss direkt nach der Ernte vorsorgen und entsprechende Vorkehrungen zur Lagerung der Früchte treffen. Auch die damals 18-jährige und aus dem heutigen Preußisch Oldendorfer Ortsteil Bad Holzhausen stammende Elisabeth Hippe erhielt während ihrer im Mai 1944 begonnenen Lehrzeit genaue Anweisungen, wie das Obst zu behandeln sei. Das Lagern der Äpfel war ein elementarer Bestandteil ihrer Lehre in der ländlichen Hauswirtschaft. Und sie führte genau Buch über ihre einjährige Tätigkeit auf dem Betrieb Klack in Bockhorst-Siedinghausen (heute Kreis Gütersloh). Ein Blick in ihre Notizen bietet aufschlussreiche Erkenntnisse, wie zur Mitte des 20. Jahrhunderts Nahrungsmittel auf dem Land haltbar gemacht wurden.
Mit dem Ziel einer möglichst weitreichenden wirtschaftlichen Autarkie wurde in der NS-Zeit unter anderem auch eine gewissenhafte „Vorratswirtschaft“ propagiert und vermittelt. Dies dokumentiert sich auch in den Aufzeichnungen von Elisabeth Hippe: „Die Durchführung einer planmäßigen Vorratshaltung ist im Landhaushalt, jetzt im Kriege, besonders wichtig. Um im ganzen Jahr unabhängig vom Markt zu sein, aber trotzdem einen abwechselungsreichen Küchenzettel zu haben, ist eine umsichtige Vorratswirtschaft notwendig. Da im Sommer viel Obst und Gemüse vorhanden ist, machen wir es für den Winter haltbar.“
Folgende Apfelsorten gediehen auf dem Hof Klack: Schöner aus Boskoop, Graue Renette, Sternrenette, Westfälischer Gülderling, Jakob Lebel, Dülmener Rosenapfel, Kaiser-Wilhelm-Apfel, Cox Orange und Tiefenblüte. Um ihre Qualität über Monate hinweg zu erhalten, galt es, den winterlichen Lagerort sorgsam auszuwählen, wie Elisabeth Hippe betonte: „Der Obstkeller muß ein luftiger, frostfreier und trockener Raum sein. Die günstigste Temperatur liegt bei 1–2° Celsius. Bei einem zu feuchten Raum faulen die Äpfel zu leicht, man stellt darum eine Kiste mit Kalk auf, der die Feuchtigkeit wegnimmt. Bei einem zu trockenen Raum schrumpft das Obst leicht zusammen, man muß den Raum öfters feucht wischen. Der Obstkeller wird wöchentlich gereinigt und zweimal im Jahr gründlich. Im Frühjahr wird geweißt. Die Aufbewahrung des Obstes erfolgt auf Obsthorden. Starkriechende Stoffe, wie Benzin und Petroleum, dürfen nicht im Obstkeller aufbewahrt werden, da das Obst den Geruch sofort annimmt. Nach der gründlichen Reinigung des Obstkellers im Frühjahr kann er noch ausgeschwefelt werden, damit alle Fäulnisbakterien vernichtet werden.“ Solange kein Frost zu erwarten war, sorgte man für ausreichend Luftzufuhr. Bei anhaltenden Minusgraden wurden die Fenster des Obstkellers mit „Säcken oder Stalldünger abgedichtet. Tritt Tauwetter ein, wird der Schutz entfernt, damit wieder gut gelüftet werden kann.“