Mareen Averbeck
Das Quittungsbüchlein ist Teil der umfangreichen Sammlung des Hofes Gerling aus Saerbeck, dessen derzeitige Hofbesitzer 2017 Schriftgut aus vier Jahrhunderten als Depositum an das Archiv für Alltagskultur gegeben haben. Im Einzelnen handelt es sich u.a. um Hofübergabeverträge, viele handschriftliche Rechnungen und Quittungen sowie Unterlagen zur Flurbereinigungsmaßnahmen.
Bei einer Größe von 9,6 cm x 7,8 cm umfasst das in Leder eingeschlagene Büchlein 16 Doppelseiten. Ein Band sorgt dafür, dass das Buch verschlossen werden kann.
Vom ersten Eintrag vom 21. Oktober 1729 bis zum letzten Eintrag am 2. März 1826 dokumentiert das kleine Büchlein mit jeweils einigen wenigen Zeilen eine jährliche Pachtzahlung der Gerlings. Für was genau die Pachtzahlung fällig wurde, beantwortet das Büchlein selber nicht. Der erste Eintrag bezieht sich rückwirkend auf die Jahre 1727 und 1728. Auch andere Beiträge belegen, dass die Pacht wohl nur alle paar Jahre beglichen wurde. Neben Geld zahlten die Gerlings auch in Form von Naturalien: „d 28 october zahlet Gerlich seine pfagt und zweij Huhner pro annis 1734 et 1735 – mit [summa?] 3 Rth A v Groten“
Unterzeichner und Empfänger der Abgaben war von 1729 bis 1748 Alexander von Groten, der königliche Landrat der Grafschaft Tecklenburg. Bevor das Büchlein erneut zu ihm finden konnte, verstarb Alexander von Groten 1752 ohne Erben, weswegen sein Besitz über seine Schwester an die Familie von Blomberg ging, deren Angehörige nun bis 1826 die Pachtzahlungen quittierten.
Die in einigen Einträgen angegebenen Orte lassen darauf schließen, dass sich Mitglieder der Familie Gerling in einer Zeitspanne von fast 100 Jahren zum Haus Vorlage bei Lengerich, dem Gut Meesenburg bei Ledde und nach Tecklenburg und Osnabrück begaben, um ihre Pachtzahlung quittierten zu lassen. Da es sich um ein gebundenes Büchlein handelt, war die langfristige Nutzung des Quittungsbüchleins offenbar von Anfang an vorgesehen gewesen und auf den verbleibenden 11 Seiten hätten sicherlich noch weitere Einträge späterer Generationen Platz gefunden.
Weitere Dokumente aus dem Bestand zeigen, dass die Zahlungen bis mindestens 1859 weitergingen und somit das Quittungsbüchlein überdauerten. Darunter befindet sich auch eine gerichtliche Aufforderung, die Zahlungen zu belegen. Zusammen mit dem Quittungsbüchlein zeigt sich, wie wichtig es war, das Geben und Nehmen genau zu dokumentieren, da davon Rechte abhingen.
Aus den anderen Dokumenten lässt sich auch schließen, dass es sich bei der geleisteten Zahlung wohl um eine Grundabgabe an das Gut Meeseburg handelte. Vermutlich gab es einen gesonderten Vertrag, der aber leider nicht auf uns gekommen ist, und so macht das Büchlein letztlich auch deutlich, dass unser Blick auf die Geschichte ein begrenzter ist, dessen Reichweite davon abhängt, was überliefert wurde.
Quelle:
Archiv für Alltagskultur in Westfalen, Bestand Hofarchiv Gerling, K02951.0247