„Gruß an Vater und Mutter!“. Soldatenbriefe aus Kaisers Zeiten im Archiv des Heimatvereins Altenberge (Teil 3)

22.11.2024 Niklas Regenbrecht

Gebhard Aders

[Teil 1 hier]

[Teil 2 hier]

Den Alltag eines kaiserlichen Rekruten in Wort und Bild dokumentieren zwei Briefkonvolute, die im Archiv des Heimatvereins Altenberge aufbewahrt werden. In diesem dritten Teil soll es um acht Briefe von Bernhard Lepper (*1880) aus Nordwalde an seine Eltern und Geschwister gehen.

Der erste der Briefe ist undatiert und wird sicher Anfang Oktober 1902, kurz nach seiner Einberufung, geschrieben worden sein. 

Gruß an Vater und Mutter!

Ich nehme die Feder zur Hand, um Euch zu schreiben, wo ich geblieben bin. Ich war nemmlich am Dienstag Morgen um 8 Uhr in Mörgingen. Da bin ich ein Tag und Nacht in der 144. Kaserne gewesen. Da kam ich am Mittwog Morgen vorm Doktor und hieß es Lepper kommt nach 173. in Santdawolt[ Saint- Avold], das liegt seitwerts von Metz. Hier ist es noch viel besser als in Mörgingen. Ich konnte deswegen nicht eher schreiben. Ich bin noch recht gesunt und munter, welches ich auch von Euch noch hoffe. Nägstens will ich mer schreiben, wenn ich besser Zeit habe. Wenn ihr den Brief hab, so pakket gleich ein Paket ein für mich und schikt es mich, aber gut Fest machen und richtig die Adresse schreiben.

Es grüßt Musketier Bern. Lepper

Adresse heißt! Soldatenbrief – Eigeneanngelegenheiten des Empfängers

Musketier Lepper Kompanie 9. Lothringschen Inf[anterie] Reg[iment] 173

St. Awold Lothringen

Richtig die Andresse Schreiben

Ende Oktober ist das in dem Brief beschriebene Hin und Her vorüber. Bernhard gehört nun endgültig zum 5. Lothringischen Infanterieregiment Nr. 144 in Mörchingen.

Mörgingen, d[en] 28.10.1902

Liebe Eltern und Bruder,

ich habe Euch geschrieben, das ich in St. Awold bin beim 173. Regiment, es ist nicht mehr so, sondern ich bin bereitz wieder in Mörgingen beim 144., wo ich zu erst hin gefahren bin. Wier sind 4 Mann, welche von hieraus wieder nach Mörgingen gekommen bei 144. Denn in Mörgingen sind es zuerst zu viele Mannschaften gewesen, jetzt sind es zu wenig. Darumm mus ich wieder dahin. Soldaten sind Soldaten, denn sie müssen überall 2 Jahre dinen. In St. Awold ist gerade so wie in Mörgingen. Nur der Grund ist da ein wenig lemig in Mörgingen, wie das in St. Awold nicht der Fall ist, aber es Staubt da so furchtbar imm Sommer, denn der Sant da ist zu lose da in St. Awold.  Am Mitwog Morgen um 10 Uhr bin ich von St. Awold aus wieder nach Mörgingen gefahren. Von jetzt ab bin ich noch recht gesund und munter, was ich auch von euch auch [folgt gestrichen: von Euch hoffe] gelesen habe und den Brief am Dinstag richtig erhallten und  alle gesund sind. Das Paket enthält Speck, Wurst und Butter. Ich habe hier keine bekannten wie in Mörgingen und nur einer ist aus Greven, nämlich ein Klemmer ist aber immer in der Fremde gewesen. Auch einer von Osterwick, er war der Bauernsohn des Nachbars wo unser Großvater her war. Den Namen des Rekruten weiß ich nicht mehr. Meisten Teils sind es Bergleute aus Dortmund und Bochum. Die richtige Adresse Hartmann August weiß ich auch noch nicht. Wenn ihr es wißt, dann schreibt es mir. Jetzt will ich mein Schreiben schließen bis auf ein anders mal

Liebe Grüße von Euer Sohn

Bern. Lepper

Adresse heißt jetzt Soldatenbrief – eigene Angelegenheiten des Empfängers

An den Musketier Lepper Kompanie 5. Lotrinsches Infanterieregiment, Mörgingen in  Lothringen

schreibt mich mal, denn ich bin ja jetzt in Mörgingen

Dieser Brief vom 9. März 1904 sei hier vorgezogen, weil er so anschaulich den alltäglichen preußischen Drill schildert.

Soldaten bei der Formalausbildung – im Jargon der Truppe „Griffekloppen“ genannt.

Kompani Exerz[ieren] am Montagmorgen!

Der Haubtmann !!! Guten Morgen Leute, Guten Morgen Herr Haubtmann. Nah, das war sehr schläfrich, lasst es Euch nicht merken, das es Montag ist. Wir gehen heute zum Heckenstück [In der Flur Heckenstück befand sich das außerhalb von Mörchingen liegende Garnisonslazarett], es ist jetzt 8 Uhr, klapps, so können wir um 10 Uhr wieder in der Kaserne sein, klapps aber nicht, so bleiben wir eben so lange da, bis die Karre geht. Ich habe Zeit. Ihr habt es also vollständich in den Händen. Stillgestanden! Das Gewehr über! Gewehr ab! Der dritte Kerl vom linken Flügel steht über haupt garnicht still, Himmel Donnerwetter das war ein Griff, gleich laß ich die Züge aus einander ziehen und Griffe einbimsen. Die ganze Front wackelt, ja es ist überhaupt keine Richtung drin, ach Herr Leutnant Schumann, lassen Sie doch, sie schaden ja nur der ganzen Kompani. Wir wollen die Dumheit überhaubt etwas zu Hause lassen und muss die Sache nicht unmäßig erschweren. Der Gefreite vom linken Flügel muss seine Zinken mehr vor nehmen, drei vier zurück, nehmt Eure Bäuche weg. Wer ist denn das, natürlich der Musketier Mayer, sonst kann es wohl keiner sein. Verflugter Hammel [„Hammel“ war die in der preußischen Armee üblich Bezeichnung für einen Rekruten.], steh still,

Herr Feldwebel, die Leute stehen auch gar nicht der Größe nach. Mann kämpft auch gerade zu gegen allzu viel Dumheit. So jetzt wollen wirs noch mal versuchen. Klappt der Griff wieder nicht, so Exerziert die ganze Kompani nach dem Einrücken eine Stunde Feldmarschmäßig nach. Stillgestanden, auf dem linken Flügel wackelt es immer noch hin und her, der Vizefeldwebel, Ihr Zug fällt mir kollosal auf, Es scheint das da in letzter Zeit viel gefaulenzt ist. Das Gewehr über, der Griff war etwas besser.Mit Secksionen rechts schwenkt marsch, halt, Batailion marsch, der Feldwebel kann zu Hause bleiben.

Geschrieben auf Aresthaus Wache

am 9. März 1904

Parole Laon [Die Bedeutung des Namen der französischen Stadt Laon an diese Stelle  ist unklar.]  Reserve hat noch 190 Tage.

Also Josepf das sind solche Wörter bei Kompani Exerziren und manchmal noch viel schlimmer, merk Dir das. Nächste Woche Dienstag ist Kompani Vorstellung das letzte mahl für mich!

Es grüßt Euch im Nahmen alle

Dein Bruder Bernhard

Im Brief vom 17. Mai 1904 schildert Bernhard nach einigen Bemerkungen über die Landwirtschaft um Mörchingen den Ablauf einer Alarmübung – hier als „Probemobilmachung“ bezeichnet. Da Elsass und Lothringen an Frankreich grenzten, wurden sehr oft die Truppen in Alarmbereitschaft versetzt und übten den Verteidigungsfall.

Offenbar will er seine Angehörigen aber auch an seinen Erlebnissen jenseits der militärischen Ausbildung teilhaben lassen. Jedenfalls schildet er einen Zirkus- und Theaterbesuch – das waren Vorläufer der so genannten „Truppenbetreuung“, wie sie die deutsche Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg einführte.

Erstaunlich ist allerdings, dass er eine weitere Unterhose und Drillichhose braucht, denn solche Kleidungsstücke mussten eigentlich von der Truppe gestellt werden.

Liebe Eltern und Geschwißter!

Am Sonntag zum Zeitvertreib nehme ich die Feder zur Hand, um Euch ein paar Reihen zu Schreiben von Meinem Soldaten Leben und noch mittheilen, das ich das Paket empfangen habe … Wier haben diese Woche schon wieder Probemobil gehabt, um 7 [Uhr] morgens wollten wier gerade zum Dienst, da heißt es auf eimal, es ist Probemobil. Das war ein Getümmel und mit Hura zur Kammer und erste Anzug und sämmliche erste Sachen zu empfangen [ Die deutschen Armeen kannten damals keine Kampf- oder Felduniformen. Für diesen Einsatz sollten die Soldaten neuwertige Uniformen bekommen, die sie wochenlang  (oder noch länger) tragen mussten.]. Sonnst wenn wier Sachen empfangen beim Kammeruntrofizier werden die Sachen immer vorsichtig empfangen, diese Woche aber nicht, denn die wurden oben durch die Fenster aus dritten Stock herunter geworfen und wier waren 10 Uhr zur Ausrüstung fertig und wier haben da eine Marschübung gemacht und dann wieder zurück nach Mörchingen gereist, denn es war kein Feind zu sehen. Diese Woche haben wier Frühjahrs Parade gehabt mit aufgepflanzten Seitengewehre [Bajonett, das der Soldaten am Koppel trug.] Wier sind hier jetzt am Batalion exerzierren. Es soll auch der Kaiser hier kommen er ist jetzt bereits jetzt mit seiner Gemahlin in Metz [Wilhelm II. war am 14. Mai 1903 zur Einweihung des Hauptportals der Kathedrale nach Metz gekommen.] Voriche Woche Dienstag sind wier die ganze Kompanie nach Zierkus gewesen und Samstag mach Tehater. Beides war schön anzusehen. Das wurde vom Batalion aus befolen und bezahlt. Josepf Esing ist immer noch imm Latzaret. Ich muss Euch noch schreiben, schieket mir in nächster Zeit noch eine Unterhose und eine weiße Drillhose. Fraget Frau Blümel mahl danach, die weißt es wohl, den als ich in Uhlaub war, habe ich da schon mit Frau Blümel über sprochen. Fertig sind sie vieleicht zu haben, dann laßet sie beim Schneider machen, aber nicht zu klein dann müssten jetzt weißen Drillhosen gute Dienst an haben imm Sommer.

Es grüßt Euch im Nahmen alle

Euer Sohn B. Lepper

Undatierter Brief, nach dem 18.7.1904 geschrieben

Liebe Eltern,

Ich möchte Euch noch durch diesen Brief aufmuntern, das ich noch von Herzen gesund bin, was ich von Euch auch noch hoffen kann. Dienst bei uns ist jetzt sehr angenehm, denn wier haben jetzt immer noch Vorposten Üben in Gelände. Voriche Woche Donnerstag hatten wier eine strenge Marschübung im ganzen Regiment, wier sind am Morgen um 5 Uhr aus gerückt und des Mitags haben wier auf freiem Felde bibakiert und abgekocht. Es war nur so ein Augenblick, da branten überall Feuer und das Essen war bald bereit und es schmeckte tadellos. Die Offiziere lagen neben bei und sahen zu, was wier machten. Jetzt will ich was anderes schreiben, denn wier hatten diese Woche Samstag Vergleich-schießen. Ich hatte 42 Ringe geschossen, einige hatten 50 Ringe ich hatte nämlich mit einem Schuss nur 5 Ringe, sonst hätte ich auch 50 gehabt.

Die Zeichnung auf dem Briefkopf zeigt eine Schießübung der Wehrpflichtigen. Bernhard Lepper berichtet in seinen Briefen auch von solchen Schießübungen. Weil er ein guter Schütze war, bekam er 1903 14 Tage Sonderurlaub.

Und nach her wurde in der Parole bekannt gegeben, das die 1. Komp.[anie] die beste ist im Regiment. Da haben wier des Abends auch Frei Bier bekommen. Jetzt haben Wier auch einen neuer Brigade Komandör [ Am 18.7.1903 wurde Generalmajor Kurt von Uechtritz und Steinkirch zum Kommandeur der 65. Infanteriebrigade ernannt.] bekommen und so fort wurde der 6. Anzug abgegeben und der 5te wurde zum Dienst verwendet und Gott sei dank das der 6te Anzug wech ist, denn ich musste jeden Sonntag daran flicken und Nähen, das war ich saat.

Putz- und Flickstunde in der Kaserne.

Und meine Mutter möchte ich bitten um ein Paket, denn die Hausmannskost gefällt mir sehr gut.  Auch einige Mark Geld könnte ich auch gebrauchen, denn mein Geld ist schon bald wieder erschwunden hier in der Kantine. Da ist alles eben Teuer, deswegen sendet mich zu Sonntag ein Paket und Geld, damit ich wieder etwas habe. Eben die Kost in der Küche ist sehr mäßig. Diese Tage haben wier zuerst die Neuen Kartoffeln bekommen. …

Es grüßt Vater und Mutter
Euer Sohn  Bernhard Lepper, Soldat

Brief von Bernhard Lepper an seine Eltern vom 27.09.1903.

Obwohl Bernhard Lepper noch ein Jahr zu dienen hat, schreibt er den folgenden Brief auf einen Bogen, den sonst nur Rekruten zum Ende ihrer Dienstzeit benutzen. Man sieht darauf Reservisten mit ihren speziellen Schnapsflaschen und Handstöcken, wie sie sich am Bahnhof verabschieden.

Die Wehrpflichtigen, die ein Jahr gedient haben, bekommen als Bonus Schlafstuben im Erdgeschoss, was ihnen beim morgendlichen Antreten und bei Alarmübungen das Rennen über die Treppen ersparte.

Für seine guten Schießleistungen bekommt Bernhard 14 Tage Urlaub, den er aber nicht sofort nimmt.

Mörchingen, den 27.Sept[ember] 1903

Liebe Eltern!

Mit Frohen Mut nehme ich die Feder zur Hand und Schreibe einen Reserve Bogen zu Euch denn ein Jahr ist herumm und das andere geht auch herumm. Ich bin noch Gesund auf den Beinen welches ich von Euch auch noch hoffen kann. Das Paket und 10 Mark Geld haben bekommen das freut mich, denn ich hatte auch nichts mehr. Wir sind jetzt auf den untersten Fluhr auf die Stube umquartiert. Den Brief habe auch bekommen mit Karte. Die Woche haben wier Vergleich Schießen gehabt und habe 45 Ringe geschoßen und kann jetzt 14 Tage Uhrlaub bekommen vom Hauptmann. Ich weiß noch nicht, ob ich jetzt fahre oder nicht. Darüber schreibet mich mahl ein Brief wieder. Am 14. Oktober kommen die Rekruten, die Hammels, dann geht das Trammpeln wieder los auf dem Kasernhof. Diese Woche kommen die Landwehr zur Übung hier auf 14 Tage. Wier haben bis jetzt noch kein Dienst gehabt, nur Ahrbeits Dienst und Kammer Ahrbeit. Jetzt will ich mein Schreiben schließen in der Hoffnung, das Euch dieser Brief in bester Gesundheit antreffen möge und das Frau Augustin so schnell gestorben ist habe ich auch gelesen. Das ist noch traurig für Bernard Augustin. Die Witterung ist schön bei Euch vielleicht ist auch so wenn Kirmes ist bei Euch in Nordwalde ist, dann muss doch schönes Wetter sein, denn dann muß doch Spatzieren gehen im Dorf. Ich schließe jetzt mein Schreiben und hoffe auf ein baldiges Wieder Schreiben von Euch.

Es grüßt Euch im Namen Aller

Euer Sohn Bernhard Lepper.

Noch ein Jahr Soldat dann hat die Reserve Ruh.

Brief vom 28.8.1903 an die Eltern, in dem er ausführlich über eine Belagerungsübung berichtet. Bernhard scheint in der Kaserne auf großem Fuß gelebt zu haben, wenn er seinen Vater um 20 bis 25 Goldmark bittet.

…. Diesen Mitwoch und Donnerstag haben wier Belagerungs Manöver gehabt, haben eine Nacht im Bibak gelegen. Die 144, die 17. Atlerie [Artillerie] und Hulanen [Ulanen, eine Waffengattung der Kavallerie] Wir kämpften gegen die Metzer Truppen, es waren die 130. und 98. [1. Lothringisches Infanterieregiment 130, Metzer Infanterieregiment 98] Infantrie Regimenter und die Schwere Atlerie. Wir sind nachts um 2 ½ Abmarschiert nach Metz hinzu wier waren schon auf den halben Wege da began das gefecht und es hat den ganzen Tag gedauert und Atleri war immer am Schießen unsere u. die von Metz und nachher brannten die hellen Bibak Feuer. Am 2. Tage hat die Atleri von Metz von 9 bis 12 Scharf geschossen auf die Stelung wo wier am Tage vorher gelegen haben. Wier hatten nämlich Kopf Scheiben [Das waren Zielscheiben, die den Kopf eines feindlichen Soldaten darstellen sollten.] auf gesetzt zur Prüfung, und am anderen Tage sind wier wieder nach Mörchingen gefahren. Nächste Woche Samstag fahren in Manöver den 4. Sept[tember]. Also ihr habt viel Geld gemacht ein Pferd verkauf und möchte mein Vater bitte um 20 bis 25 M[ark] Geld zu Senden zu in Manöver Den Paket kann man doch nicht mitnehmen deswegen senndet mich Geld. Aber nicht zu spät ab Senden. Ich habe noch ein Theil von meinem geschickten Geld aber darum Sendet mich doch Geld. Wier Fahren mit der Eisenbahn Bahn in Manöver nach dem Reihnland hin bei Trier. Das Paket habe ich auch schon bekommen als ich am Schreiben war. Ich kann Euch jetzt aus Mörchingen nicht viel mehr schreiben aber nach der Manöver Zeit. Also bleibet von Herzen Gesund und dieser Brief möge Euch in bester Gesundheit antreffen.

Viele Grüße an

Vatter u. Mutter u. Geschwister

Euer Sohn Musketier

Lepper

Dem Datum nach zu schließen hat Bernhard seinen Urlaub zu Weihnachten und Neujahr genommen. Er beschreibt die endlos lange Zugfahrt. Die im Brief erwähnte „Alte Manns Besichtigung“ ist die Überprüfung der Rekruten, die über ein Jahr Dienst absolviert haben und von denen erwartet wurde, dass sie voll einsatzfähig waren.

Mörchingen, den 10.1.1904

Liebe Eltern und Bruder! Ich schreib Euch hiermit einen Brief, das ich die Reise glücklich über standen habe, was Ihr hoffentlich auch durch die Karte gesehen habt. Um 1 Uhr nachts war ich  in Köhln und hatten dan Aufenthalt bis 4. Uhr 40 Min[uten] Morgens, am demselben Tag abends ½ 8 Uhr waren wier in Mörchingen am Banhof. Jetzt will noch eins Schreiben. Die Fahrt wahr doch sehr langweilich. Als ich abends in Münster auf dem Banhof wahr, habe ich noch mit mein Onkel Baackmann aus Altenberge gesprochen im Watersaal. Als ich zurück fuhr, habe ich noch 3 Mann von der 1. Komp[anie] 25. [Infanterieregiment] gesprochen, wo August Hartmann bei gewesen ist im Zug, er ist noch guter Dinge. Ein Mann von der 8. Eisenbahner Arbeiter ist noch von unserem Transport Zug berfahren worden; er hat das Bein zerbrochen und ist sofort nach Münster zum Latzaret geführt worden. Jetzt will ich auf ein anderes meine Feder führen, denn wir haben diese Woche schon Alte Manns Besichtigung gehabt und ist gut ausgefallen. Denn Wier hatten Nachmitags kein Dienst. Ich habe auch diese Woche schon meine Übung geschossen 300 m liegent, 3 Schuss kein Schuss unter 6. da habe ich 7 und 11 geschossen. Als ich wieder zurück vom Schießstand Marschierte, kam uns ein Leichnsuch entgegen, es wahr ein Rekrut von der Atlerie gestorben und wir haben noch militärische Erenbezeigung gemacht. Der toten Wagen war schön und die Musik spielte Trauerlieder und so Marschierte der Leichenzug langsam zum Kirchhofe. Jetzt will ich Schreiben, das ich den Brief in das Buch stecken und bitte das Buch zu lesen aber nicht zu zerreisen, wenn Ihr den Brief bekommen habt, dann bitte Josepf Grüße mich mahl wieder durch den Brief. Ich hoffe, das Euch dieser Brief Euch in bester Gesundheit antreffen möge. Es grüßt bestens Vater u[nd] Mutter

von Euer Sohn Bernhard Lepper.

Bleibt gesund

Wiedersehen?

Damit enden die im Nachlass Lepper/Tegethoff vorhandenen Briefe der beiden Nordwalder Rekruten Josef Schemmann und Bernhard Lepper aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Sie werfen einige eindrückliche Schlaglichter auf das Soldatenleben der preußischen Zeit. Darüber hinaus geben sie einen lebhaften Einblick in das damalige Zeitgeschehen und das Lebensgefühl junger Männer, das sich in origineller münsterländischer Schreib- und Sprachstilistik zeigt. 

 

Quelle:

Archiv Heimatverein Altenberge, Nachlass Leper/Tegethoff, Karton 2, Mappe 6.