St. Anna auf dem Breischen. Legende, Geschichte, Gegenwart

09.08.2022 Peter Herschlein

Vitrine mit Votivgaben.

Andreas Eiynck

Im 17.und 18. Jahrhundert war Hopsten bekannt als ein Zentrum des westfälischen „Töddenhandels“. Viele nachgeborene Bauernsöhne gingen damals als Wanderhändler auf Reisen und verkauften Leinen, andere Textilien und Kleineisenwaren. Sie zogen bis nach Holland, England, Norwegen, Schweden und sogar bis Riga.

In der Nähe der heutigen St. Anna Kapelle lag der Hof Teeken. Vor diesem Bauernhof waren zwei Söhne – Johann und Diederich – ausgezogen, um ihre Kunden mit Leinen zu versorgen. Auf der Zuiderzee (an einer anderen Stelle heißt es bei Riga) gerieten sie in Seenot. In ihrer Not sollen sie gelobt haben: „Wenn wir Hopsten heil wiedersehen, bauen wir der Mutter Anna eine Segensstation.“ Sie hielten ihr Versprechen und bauten im Jahre 1694 eine kleine Station.

Inschrift über dem Portal der Kapelle.

Es sprach sich herum, dass die Gebrüder Teeken gerettet worden waren und dass bei der „Mutter Anna auf dem Breischen“ auch andere Wunder passierten. Deshalb entschlossen sich die Nachkommen der Familie Teeken im Jahre 1728, eine kleine Kapelle zu bauen. So besagt es auch die lateinische Inschrift über der Eingangstür. Die Giebelseite nennt im Maueranker das Baudatum 1728, darüber erhebt sich ein Dachreiter mit geschweiftem Helm.

Zwischen 1730 und 1770 lag die Blütezeit der Wallfahrt zum Breischen, die mit der Epoche der Aufklärung nachließ. 1848 ließ der Hopstener Pfarrer Wilhelm Emmanuel von Ketteler (1846-1849), der spätere Mainzer „Sozialbischof“, die Kapelle erweitern und belebte die Wallfahrt neu. Er stiftete 1865 das Tafelbild im rechten Kreuzarm der Kapelle. Auf dem Gemälde ist er rechts vom Wallfahrtsbild dargestellt, links sein Bruder Richard, der 1851 als Pater Bonaventura in ein Kapuzinerkloster eintrat.

Marienrelief an der Kapelle.

Neben dem Portal zeigt ein kleines Relief die Gottesmutter Maria, die strahlenförmig von sieben Schwertern durchdrungen wird. Dieser volkstümliche Bildtypus der Barockzeit steht symbolisch für die „Sieben Schmerzen“, die die Gottesmutter für ihren Sohn erleiden musste.

Das Gnadenbild stellt die Heilige „Anna Selbdritt“ dar: Anna trägt auf dem rechten Arm ihre Tochter Maria, die ihren Sohn Jesus hält. In früheren Zeiten war das Gnadenbild mit Gewändern bekleidet, wie es noch auf älteren Darstellungen noch zu sehen ist.

Der Altar mit der Anna-Skulptur.

Der Hochaltar mit dem Wallfahrtsbild aus der Zeit um 1700 wurde um 1960 aus Vilsbiburg (Bayern) erworben. Über der Figur der Heiligen Anna erscheint der Heilige Michael mit der Seelenwaage. Das frühere Altarbild (heute im nördlichen Kreuzarm der Kapelle) zeigt zwei Schutzheilige gegen Feuersbrünste, die Heilige Barbara und den Heiligen Florian, der Wasser auf eine brennende Kirche gießt.

1954 wurde unter Pfarrer Wember der rechte seitliche Ausbau, genannt „dat Kinnerhook“ (die Kinderecke), errichtet. Er war es auch, der dafür gesorgt hat, dass im Jahre 1972 der Wallfahrtsplatz angelegt wurde. 1986 ist dann noch ein Kreuzweg mit einem Biotop dazugekommen.

Bis heute findet jährlich, beginnend mit dem Sonntag nach Maria Himmelfahrt (15. August), die St. Annen Wallfahrtswoche statt.

Pilger oder Besucher sind sie aber auch sonst zu jeder Zeit willkommen.

Taize-Andacht im Freien bei der Anna-Woche auf dem Breischen.

Die Legende

Als im Jahre 1677 auf dem Hof Poggemann in Hopsten in der Bauerschaft Breischen eine Eiche gefällt wurde, brachte diese ein figurähnliches Gebilde hervor. Dieser Figur wurde zunächst weiter keine Beachtung geschenkt und man legte sie beim Bauern Poggemann, dem auch der Baum gehörte, auf die Diele. So geriet sie erst einmal in Vergessenheit. Einige Jahre später – während einer Tanzveranstaltung – nahm ein junger Mann im angetrunkenen Zustand diese Figur, um mit der „Grete ein Tänzschen zu wagen“. Als er dann auf der Tanzfläche stand, soll aus heiterer, unbewölkter Luft ein starker, greller Blitz mit furchtbarem Donner gekommen sein, durch dessen starke Erschütterung die Fensterscheiben am Haus heraussprangen. Vor Schreck sollen alle Männer vom Tanzboden geflüchtet sein und geglaubt haben, dass in dem seltsamen Gewächs eine geheime Wunderkraft liege. Erst da sah man sich die Figur genauer an und stellte fest, dass diese wohl die Mutter Marias, Anna, darstellen könnte. Diese trug eine kleinere Figur auf ihrem Arm – Maria. Maria wiederum hielt Jesus auf dem Schoß. (aus: 600 Jahre Hopsten)

Andachtsbild (um 1850).

Dat Gnadenbeld in Hopsten

„Dat Beld is tom Vüöschien küem’n, äs se ´n Baum der dale kriegen habt. Dao häbt se’t erst bi Poggems up de Hiele stellt.

Dao was d`res maol Fastaomt bi dee in’n Huse, wao dat Beld stönt. Äs se’t so recht an’t Danzen hatt han, dao ha de eene seggt: „Ik will es mit dat Mariännken vön de Hiele danzen.“ He ha’t d´r sik harunnerhaalt un was d´r mit up Diäle harümsprungen. Up eenmaol fänk´t bi klaor´n Himmel an te grummeln un blitzen un geiht d´r slimm hiär. Dao krieget se doch so´n Schreck und laupt utenene. Se sett´t dat beld ub´n bessen Stuom un sett´t d´r Käßen bi. Dao häöt dat Grummeln up.

Den ännern Dag gaoht se nao´n Pastor un vetellt denn dat Wiäk. Vön de Tied wätt dat Beld in Ähr´n holl´n. Dao passeert d´r auk Wunder bi. Wao de Baum staohn häff, is ´ne Kapelle hen bauet wued´n. Dao höngen fröher nao immer viel Krücken un sowat. Jau, dat is waohr.“ (Erzählerin: Rosa Verlage, aufgeschrieben von Martha Bringemeyer)

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