Sebastian Schröder
Über Jahrhunderte hinweg haben Flüsse ihren Verlauf und ihre Gestalt immer wieder verändert. Wer sich mit Gewässern in historischer Perspektive beschäftigt, muss sich folglich von dem Gedanken verabschieden, Flüsse, Bäche oder Küsten hätten schon immer so ausgesehen, wie sie sich heute präsentieren. Genau das Gegenteil ist der Fall: Die Veränderungen waren nämlich mitunter enorm. Die legendäre versunkene Siedlung Rungholt an der Nordsee ist dafür eines der besten Beispiele. Auch die Weser nahm einst andere Verläufe. Ufer sackten ab; Land wurde an einer Stelle ab- und an anderer Stelle wieder angespült. Nebenarme entstanden und verlandeten wieder; mitunter bildeten sich kleine Inseln inmitten des Stroms. Angesichts derartiger Befunde sprechen Umwelthistorikerinnen und -historiker gerne von „Gewässer- oder Flusssystemen“. Damit verdeutlichen sie begrifflich, dass Gewässer einem steten natürlichen Wandel unterworfen waren – es war eben im wahrsten Wortsinn alles im Fluss. Dementsprechend sollte nicht nur der Hauptzweig eines Flusses oder Baches isoliert betrachtet werden, sondern das gesamte Umfeld, worunter unter anderem menschliche Einflüsse fallen. Im Bestand der Mindener Kriegs- und Domänenkammer haben sich zahlreiche Akten überliefert, die vom teils schwierigen Verhältnis zwischen den Menschen und der Weser berichten, wie im Folgenden exemplarisch dargestellt werden soll.