Von Todesvorzeichen und Nachzehrern
Kathrin Schulte
Die Tage werden kürzer, die Nächte länger – Angaben darüber, was sich in der Dunkelheit verbirgt, finden sich im Archiv für Alltagskultur zuhauf. Einerseits ist da die Motivkartei Märchen und Sagen, eine sich auf Westfalen beziehende Teilsammlung des Zentralarchivs der deutschen Volkserzählung, die zahlreiche Sagen über unheimliche Begegnungen und gruselige Gestalten wie Gespenster, Irrlichter und ähnliches beinhaltet. Dann gibt es die Fragelisten 16 (Sagen von gespenstischen Erscheinungen) und 23 (Zweites Gesicht), via derer sich die Gewährsleute zu vermeintlichen Erscheinungen von Werwölfen, dem Teufel oder anderen Gestalten äußerten oder zu Personen mit der vermeintlichen Gabe, zukünftige Ereignisse vorherzusehen.
Eine weitere Quelle für entsprechende Geschichten ist der Atlas der deutschen Volkskunde (ADV). Das Projekt begann 1928, ab 1930 wurden die ersten Fragekarten an Gewährsleute gesendet. Da pro Ort nur eine Gewährsperson befragt wurde, stellen die Einsendungen eine diesbezüglich wenig differenzierte Quelle dar. Die ersten sechs Lieferungen der Karten, auf denen die eingesendeten Fragekarten visualisiert wurden, wurden bis 1939 gedruckt. Auch versuchten die Nationalsozialisten, den ADV für sich zu vereinnahmen, allerdings erfolgten keine Publikationen.
Die Themen, die im Rahmen der Erstellung des ADV abgefragt wurden, umfassen zahlreiche Elemente der Alltagskultur, neben der Bezeichnung für den Weihnachtsbaum wurde nach verschiedenen Ess- und Trinkgewohnheiten gefragt, nach Feiertagen, nach alltäglichem – hierzu gehört auch der Aberglaube. Und diese Motive, die später auch Einzug in den ein oder anderen Gruselfilm hielten, sind in den Fragekarten des ADV zuhauf zu finden. Es geht um Hexen, um Aufhocker, um das Zweite Gesicht, um das Besprechen von Krankheiten, Todesboten und so weiter.
Um das Thema etwas einzugrenzen, soll es hier nun um die Frage 170 gehen:
„170. a) Glaubt man, daß gewisse Tote vom Grabe aus Lebende nachholen? Was sagt man in diesem Falle? (z.B. er zehrt nach)
b) Wie nennt man einen solchen Toten?
c) Was tut man, um zu verhindern, daß dieser Tote Lebende nachholt?
d) Welche Anzeichen beim Toten oder welche Vorfälle bei Tod und Begräbnis deuten darauf hin, daß ein Familienmitglied oder sonst jemand bald nachsterben wird?“