Zukunft braucht Herkunft: Positionen zum Bau des Lippstädter Museumdepots im Planspiel von Studierenden

14.02.2020

Dieses Gebäude soll in Zukunft das Depot des Lippstädter Stadtmuseums beherbergen und war zentrales Thema der Diskussionsrunde im Planspiel.

Zukunft braucht Herkunft: Positionen zum Bau des Lippstädter Museumdepots im Planspiel von Studierenden

Anna Blumin, Kathrin Hüing, Ann-Kathrin Holler und Annie Struck

Welche Aushandlungsprozesse laufen in einer Stadt ab, wenn ein Museum ein neues Depot erhalten soll? Diesen Fragen gingen die Studierenden des Masters Kulturanthropologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität vergangene Woche in dem Seminar „Sammeln, Zeigen und Erklären“ von Christiane Cantauw nach. 

Die Seminargruppe hatte während des Semesters zwei Mal das Stadtmuseum Lippstadt besucht, für das in einem stadtzentralen historischen Gebäude ein neues Depot eingerichtet wird. Beim zweiten Besuch wurde die Baustelle des zukünftigen Depots besichtigt. Bei diesem Termin erhielten wir auch Einblick in den Diskussionsprozess um den Depotbau, der in zahlreichen Artikeln in der Lokalzeitung seinen Niederschlag fand.

Auf diesem Diskussionsprozess baute ein Planspiel auf, in dem wir Studierende die Rolle der verschiedenen Parteien einnehmen sollten, die an der öffentlichen Diskussion um den Depotbau in Lippstadt beteiligt sind. So versetzten wir uns in die Rolle der BürgerInnen, der VertreterInnen der Stadt und der Verantwortlichen im Museum. In einer simulierten Diskussionsrunde sollten die Argumente ausgetauscht und ggf. eine Annäherung der disparaten Positionen erreicht werden.

Im Seminar entschied das Los darüber, welche Rolle die Studierenden in dem Planspiel einnahmen.

Da das Depot in unmittelbarer Nähe zu einem Baugrundstück für das neue Stadthaus seinen Platz findet, drückten die Vertreter der Stadt im Planspiel ihre Bedenken darüber aus, dass das Depot neben dem Stadthaus wie ein unbewohntes Haus wirken könnte. Anliegen der Stadtöffentlichkeit war es demgegenüber, mehr über das Depot und seine Funktion zu erfahren. Ziel der Museumsvertreter war es, die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit des Depotbaus zu kommunizieren. Im Laufe der Diskussion zeigte sich, dass die Positionen teilweise gar nicht so weit auseinanderlagen wie gedacht. Letztlich forderten alle Parteien der Diskussionsrunde z.B. mehr Transparenz von den jeweils anderen AkteurInnen. Vielfach gab es auch Vorschläge, die geeignet waren, widerstreitende Interessen zu vereinen.  

Bei einer anschließenden Ideenbörse trugen die Diskutierenden unter dem Motiv „Zukunft braucht Herkunft“ Anregungen zusammen, die sich ggf. auch unter Realbedingungen als nützlich erweisen könnten.  Die Börse hatte zwei Ziele: Zum einen wurde überlegt, wie die Zielsetzung und Sinnhaftigkeit des Museumsdepots noch besser kommuniziert werden könnte. Zum anderen sammelten wir Studierende Ideen, wie mit dem Gebäude selber gearbeitet werden könnte, um die Chancen und Möglichkeiten des Depotbaus in der Öffentlichkeit zu vermitteln.

Vorgeschlagen wurde neben Besucherführungen die Einrichtung eines Schaudepots, um den BürgerInnen der Stadt Lippstadt Einblicke in das neue Depot gegeben werden. Auch ein eigener Social-Media-Kanal des Stadtmuseums Lippstadt könnte zu mehr Transparenz beitragen. Des Weiteren waren Lichtinstallationen und andere kreative Nutzungen der Außenfassade des Gebäudes im Gespräch. Das Gebäude, das zum Depot umgebaut werden soll, hat eine lange Zeit die Verwaltung des Automobilzulieferers Hella beherbergt, der sich in der Herstellung von Lichtsystemen und Fahrzeugelektronik einen Namen gemacht hat. Über die Lichtinstallationen könnte eventuell eine Brücke in die Vergangenheit geschlagen werden. Gleichzeitig wären diese ein Eye-Catcher und würden dem Vorplatz von Depot und Stadtverwaltung Aufmerksamkeit verschaffen.

Sammeln und Bewahren gehören zu den Grundaufgaben eines Museums. Die Sammlung für zukünftige Generationen aufzubewahren, sie zu erforschen und aus ihr Erkenntnisse zu gewinnen ist daher zentral für jede museale Einrichtung. Doch das Sammeln kann keine Einbahnstraße sein, immer wieder gibt es neue Fragen, auf die mit entsprechenden Sammlungsstrategien reagiert werden muss. Die Herausforderung für Museen besteht darin, kulturelles Erbes zu bewahren und mit ihren Sammlungen innovative und neue Forschungen auch in Zukunft anzuregen.