Christiane Cantauw
Vor einiger Zeit wurde in diesem Blog der Bauernsohn Josef Loag vorgestellt, der 19 Jahre auf Plantagen in Neuguinea und Kamerun arbeitete und sich vom Assistenten für Tabakpflanzungen bis zum Plantagenleiter und Bevollmächtigten der Kautschukkultursyndikats GmbH, Kamerun, hochgearbeitet hatte. Er steht für viele junge Männer, die um die Wende zum 20. Jahrhundert Deutschland verließen, um in den Kolonien zu arbeiten. Vergleichsweise gute Verdienstmöglichkeiten, aber auch die Hoffnung auf sozialen und wirtschaftlichen Aufstieg jenseits der engen Grenzen der kaiserzeitlichen Gesellschaft erwiesen sich hier ebenso als Pull-Faktoren wie ein Überlegenheitsgefühl gegenüber der einheimischen Bevölkerung.
Ein Teil der kolonialen Arbeitnehmer einschließlich der Kolonialbeamten füllte die Freizeit damit aus, Gegenstände des alltäglichen, aber auch des kultischen Gebrauchs zusammenzutragen – das wurde ihnen späterhin auch direkt angeraten. Verschiedene Behältnisse, Musikinstrumente, Werkzeuge, Ackerbaugerät, Kleidungsstücke, Waffen, Masken, Schmuck, Devotionalien und vieles mehr gelangten so nach Deutschland. Die Sammlungen enthielten zum Teil auch sogenannte human remains, also menschliche Überreste wie Skalpe oder menschliche Schädel.
Wie die einzelnen Personen an die Gegenstände gelangten, ist in wenigen Fällen bekannt. Viele wie der Düsseldorfer Afrikareisende und Kolonialpropagandist Eugen Zintgraff haben sich das, was sie interessierte, (mit Gewalt) genommen. Teils gingen die Sammler sogar so weit, Gräber zu schänden oder Kultgegenstände aus Tempeln zu stehlen. Manche Gegenstände wurden aber auch bei lokalen Händlern erworben, die sich das Interesse der Europäer:innen an Kunstobjekten und anderem, was authentisch zu sein versprach, zunutze machten. Woher diese im Einzelnen ihre Ware bezogen, ist wohl nur in den seltensten Fällen zu klären.
Auch in Westfalen enthalten viele museale und private Sammlungen Gegenstände, die in den Kolonien geraubt wurden. Soweit es sich um Kunstgegenstände oder human remains handelt, versuchen teils Provenienzforscher:innen die rechtmäßigen Besitzer:innen und ihre Nachfahr:innen aufzuspüren, um die Gegenstände zurückzugeben. Das scheitert aber vielfach an der sehr lückenhaften Quellenlage.
Die „Fundstücke“
Josef Loag hat nicht dokumentiert, wie, wo und wann er in den Besitz der Gegenstände gelangte, die sich in seiner Sammlung befanden. In seinen Briefen bezeichnet er die Gegenstände als „Fundsachen“. Ob er sie wirklich gefunden oder gekauft, getauscht oder gar geraubt hat, kann auf Basis der vorliegenden Quellen nicht entschieden werden.